BECOMING GIULIA

BECOMING GIULIA

Ab 18. Januar 2024 im Kino

Dokumentarfilm über die Solotänzerin Giulia Tonelli, die nach ihrer Mutterschaftspause darum kämpft, Beruf und Familie zu vereinbaren.

„Reicht ihr die Mutterrolle nicht aus? Muss sie auch noch so verdammt ehrgeizig sein?“ Nur zwei von vielen dummen Fragen, die sich berufstätige Mütter immer wieder anhören müssen. Für viele Frauen ist es ohnehin schwer genug, nach der Geburt eines Kindes in den alten Beruf zurückzukehren. Stillen, Wickeln, wenig Schlaf, da bleibt kaum Zeit (und Kraft) für anderes. Noch schwieriger ist das Ganze für eine professionelle Balletttänzerin.

Wickeltisch und Grand-plié schließen sich nicht aus

Mit Leidenschaft für ihren Beruf und Liebe zum Kind steht Giulia Tonelli vor der schwierigen Herausforderung, nur drei Monate nach der Entbindung wieder auf der Bühne am Opernhaus Zürich zu stehen. Sie kämpft gegen festgefahrene Rollenbilder und versucht, eine Balance zwischen der wettbewerbsorientierten und extrem anspruchsvollen Welt einer Elite-Ballettkompanie und ihrem neuen Familienleben zu finden.

„Ich hoffe, ich tanze noch, wenn er sich an mich erinnern kann.“, sagt Giulia über ihren kleinen Sohn. Denn meist endet für Profitänzerinnen die Karriere mit einer Schwangerschaft – doch Giulia denkt nicht daran, ihre beruflichen Träume aufzugeben. Wickeltisch und Grand-plié schließen sich nicht aus. Der Film begleitet die junge Mutter in den Jahren 2019 bis 2021 und wirft dabei einen einfühlsamen Blick auf eine Künstlerin auf dem Höhepunkt ihres Könnens. Regisseurin Laura Kaehr, selbst ehemalige Tänzerin, verbringt mit ihrem Kamerateam viel Zeit in den Proberäumen des großen Opernhause, zeigt dabei die Schönheit des Balletts, aber auch die enorm harte Arbeit, die dahinter steckt.

BECOMING GIULIA ist das unaufgeregte, intime Porträt der außergewöhnlichen Frau Tonelli, die inzwischen zweifache Mutter ist. Beim Zürcher Filmfestival gab’s dafür den Publikumspreis.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Becoming Giulia“
Schweiz 2022
103 min
Regie Laura Kaehr

alle Bilder © W-FILM Distribution

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COPPELIA

COPPELIA

Kinostart 03. März. 2022

Draußen ist es eisekalt, der Wind pfeift und Spazierengehen wird sowieso überschätzt. Da bleibt nur im Winterschlaf zu verharren – oder mal wieder ins Kino zu gehen. Reichlich positive Energie lässt sich ab dem 3. März mit der deutsch-niederländischen Produktion „Coppelia“ tanken.

Der Film erzählt die Liebesgeschichte von Swan und Franz (sehr niedlich: Michaela DePrince und Daniel Camargo). Swan ist eine emanzipierte junge Frau, die mit ihrer Mutter in einer hübschen Kleinstadt lebt. Ihr Herz gehört dem Fahrradhändler Franz, doch der ahnt nicht, dass Swan schwer in ihn verliebt ist…typisch Mann. Als eines Tages der dämonische Doktor Coppelius (Vito Mazzeo) eine Beautyklinik in der Stadt eröffnet, sorgt das für große Aufregung. Stets an dessen Seite: Coppelia, eine künstliche Frau, die dank ihrer Schönheit bald zum Stadtgespräch wird. Immer mehr Bewohner buchen einen Termin bei Dr. Coppelius, um sich „optimieren“ zu lassen. Der neue Look hat allerdings dramatische Nebenwirkungen: Das Spiegelbild stimmt, doch innerlich sterben die Menschen ab, werden zu seelenlosen Zombies.

Schon mit der ersten Szene wird klar: „Coppelia“ ist eine außergewöhnliche Produktion. Die zauberhafte Melange aus Computeranimation, Zeichentrick und Realfilm interpretiert E.T.A. Hoffmanns Geschichte „Der Sandmann“ modern und neu. Echtes Augenfutter: die atemberaubenden Kulissen und farbenfrohen Kostüme vermitteln eine zeitgemäße, positive Botschaft: Finger weg von Social Media und Faceapp – Liebe dich selbst auch ohne Instafilter!

„Coppelia“ erzählt seine Liebesgeschichte komplett ohne Dialoge oder Offstimme. Handlung und Emotionen werden nur durch die Magie des Tanzes ausgedrückt, einer universell verständlichen Sprache. Die Choreografie hat der preisgekrönte künstlerische Leiter des niederländischen Nationalballetts, Ted Brandsen übernommen. Eine mindestens ebenso große Rolle spielt die Musik – eine tolle Mischung aus Klassik und Moderne, komponiert von Maurizio Malagnini.

FAZIT

„Coppelia“: die Empfehlung gegen Winterblues.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Coppelia“
Niederlande / Deutschland / Belgien 2021
82 min
Regie Jeff Tudor, Steven De Beul, Ben Tesseur

alle Bilder © SquareOne Entertainment

ALS WIR TANZTEN

Merab und Irakli studieren Tanz an der Akademie des Georgischen Nationalballetts in Tiflis. Die jungen Männer hoffen auf einen festen Platz im Ensemble. Für Merab ist es der einzige Ausweg aus einem Leben ohne Perspektive. Anfangs Konkurrenten, kommen sich die beiden bald näher, werden ein Liebespaar. Im homophoben Georgien müssen sie ihre Beziehung geheim halten.

Das Drama des schwedischen Regisseurs Levan Akin hält gekonnt die Waage zwischen mitreißenden Tanzszenen und authentischen Einblicken in das Alltagsleben Georgiens. Tiflis wird als marode Stadt gezeigt, in der trotzt Handy und Clubszene die Zeit stehen geblieben zu sein scheint. Hauptdarsteller Levan Gelbakhiani ist so knuffig, dass man ihn sich ohne weiteres ins Regal setzen könnte. Er tanzt und spielt die Verwirrung der Gefühle großartig.

Für die Dreharbeiten musste ein geändertes Drehbuch vorgelegt werden – im queer-feindlichen Georgien hätte es sonst keine Genehmigungen gegeben. Bei der Uraufführung versammelten sich hunderte nationalistische und orthodoxe Protestler, darunter auch einige Priester. Sie verbrannten eine Regenbogenflagge und zeigten Plakate wie „Stoppt LGBT-Propaganda in Georgien“ und „Homosexualität ist Sünde und Krankheit“.
Willkommen im Europa 2020.

FAZIT

Interessanter Blick in ein fremdes Land am Rande Europas.

Originaltitel „And Then We Danced“
Schweden / Georgien 2019
113 min
Regie Levan Akin
Kinostart 23. Juli 2020

NUREJEW – THE WHITE CROW

Paris, Anfang der 60er Jahre: Während des Kalten Krieges schickt die Sowjetunion ihre beste Tanzkompanie zu Propagandazwecken in den Westen. Das französische Publikum liebt vor allem den 23-jährigen Rudolf Nurejew. In seiner Freizeit streift der junge Tänzer durch die Museen und Jazz-Klubs der Stadt. Bald findet er Geschmack an der neuen Freiheit und beschließt, politisches Asyl zu beantragen.

„Nurejew – The White Crow“ erinnert an einen Tänzer, der das Rollenverständnis und die Choreografie des modernen Balletts revolutionierte. Rücksichtsloser Egoist, Genie, Choleriker – bisweilen ein richtiges Arschloch. Regisseur Ralph Fiennes zeigt auch die unschönen Seiten des 1993 an AIDS verstorbenen Künstlers. Der Film erzählt Nurejews Leben von der Geburt in der Transsibirischen Eisenbahn bis zu seiner Flucht im Juni 1961. 

In der Titelrolle brilliert angemessen unsympathisch ein Newcomer: Oleg Ivenko tanzt seit seinem 5. Lebensjahr professionell, macht also nicht nur als Schauspieler, sondern auch als Balletttänzer eine überzeugende Figur.

FAZIT

Vielschichtige Biografie – schön retro auf 16 mm gedreht.

Originaltitel „The White Crow“
GB / Frankreich / Serbien 2018
122 min
Regie Ralph Fiennes
Kinostart 26. September 2019