NOBODY

NOBODY

„Mister Cellophane shoulda been my name ‚cause you can look right through me“

Der Song aus dem Musical „Chicago“ trifft zu 100 Prozent auf Hutch Mansell zu – dem Inbegriff eines durchsichtigen Zellophan-Mannes. Der Familienvater führt ein eXtra-langweiliges Leben und wird von Kollegen, Frau und Kindern konsequent übersehen. Erst ein nächtlicher Einbruch bei ihm zu Hause setzt eine Ereigniskette in Gang, die aus dem braven Langweiler einen blutigen Rächer macht.

„John Wick“ lässt grüßen – Die Ähnlichkeiten sind kein Zufall, Drehbuchautor Derek Kolstadt hat sich neben „Nobody“ auch das enorm erfolgreiche Keanu Reeves-Franchise ausgedacht. Dementsprechend brilliert „Nobody“ vor allem mit seinen blutigen Action-Szenen. Die sind ausgeklügelt choreografiert, rasant geschnitten und haben hohen Unterhaltungswert. An der ein oder anderen Stelle gibt’s zwischen den Schägereien auch was zu lachen, Punkte aber vor allem für die Besetzung: Bob Odenkirk macht es sichtlich Spaß, endlich mal körperlich zu werden, nachdem er sich jahrelang als aalglatter Anwalt Saul Goodman aus allen brenzligen Situationen nur rausquatschen durfte. Leider raubt die deutsche Synchronisation mindestens 80 % seines Charmes – wenn möglich, die Originalversion schauen.

Kein Spoiler-Alert: Dass hinter der Mr. Nobody-Fassade ein Berufskiller steckt, ist spätestens seit dem Trailer keine Überraschung mehr. Ist „Nobody“ ein guter Film? Nicht unbedingt. Aber Bob Odenkirks neue Karriere als Actionheld funktioniert ganz gut. Bleibt nur zu hoffen, dass er nicht den gleichen Weg wie Liam Neeson oder Bruce Willis einschlägt, zwei ehemals hervorragende Schauspieler, die mittlerweile nur noch mit den immer gleichen Action-Flics ihr Geld machen.

FAZIT

Gehobene Konfektionsware mit guten Schauspielern.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Nobody“
USA 2021
92 min
Regie Ilya Naishuller
Kinostart 01. Juli 2021

alle Bilder © Universal Pictures International Germany

LONG SHOT – UNWAHRSCHEINLICH, ABER NICHT UNMÖGLICH

Im Weißen Haus regiert ein narzisstischer Depp. Im Gegensatz zu Donald Trump strebt der fiktive US-Präsident allerdings keine zweite Amtszeit an. Er möchte lieber in Kinofilmen mitspielen – das habe mehr Prestige, findet er. Außenministerin Charlotte Field (Charlize Theron) wittert ihre Chance, seine Nachfolgerin und somit die erste Präsidentin der Vereinigten Staaten zu werden. Für ihre Bewerbungskampagne engagiert sie den chaotischen, aber brillanten Journalisten Fred Flarsky (Seth Rogen).

Es hätte auch eine Abrechnung mit dem Washingtoner Politpanoptikum oder eine beißende Satire werden können. Aber diesen Anspruch erhebt „Long Shot“ nicht. Die Romantikkomödie schöpft ihren Witz und Charme aus der Unwahrscheinlichkeit eines gegensätzlichen Paares. Damit das auch doofe Zuschauer verstehen, wird Charlize Theron durchweg fantastisch aussehend und stilvoll in Szene gesetzt, während Seth Rogen wie ein 10-jähriges Schulkind gekleidet ist und durch extreme Tollpatschigkeit auffällt. Das Drehbuch bedient sich relativ schamlos bei anderen Filmen (u.a. „Pretty Woman“und „There’s Something About Mary“) – aber besser gut geklaut, als schlecht neu erfunden.

„Long Shot“ funktioniert vor allem dank seiner Darsteller. Das Timing sitzt, die meisten Gags zünden. An Charlize Theron ist zwar keine begnadete Komödiantin verloren gegangen, aber im Zusammenspiel mit dem oft sehr lustigen Seth Rogen stimmt die Chemie. In Nebenrollen glänzen „Better Call Saul“ Bob Odenkirk als dümmlicher US-Präsident und ein bis zur Unkenntlichkeit geschminkter Andy Serkis als gruselige Schimäre aus Rupert Murdoch und Steve Bannon.

FAZIT

„Long Shot“ – gut gemacht und lustig.

Originaltitel „Long Shot“
USA 2019
125 min
Regie Jonathan Levine
Kinostart 20. Juni 2019