GEISTERVILLA

GEISTERVILLA

Ab 27. Juli 2023 im Kino

Cash Grab: A product designed primarily or solely with the intent of generating profits or money. Der neue Disney-Film GEISTERVILLA ist Cash Grab in Reinstform.

Auf dem Stoff liegt kein Segen: Schon die 2003-Version mit Eddie Murphy war verflucht schlecht. Basierend auf der Vergnügungspark-Attraktion „The Haunted Mansion“ in Disneyland ist dies der zweite Versuch, aus keiner Story über ein Gespensterhaus einen Film zu zimmern. Ein Thrillride als Drehbuchidee kann unter Umständen funktionieren – wie beim ersten PIRATES OF THE CARRIBEAN – oder komplett schiefgehen, wie nun Justin Simiens lieb- und seelenlose Gruselkomödie zeigt.

Starpower kann den kindischen Humbug nicht retten

Die unoriginelle Geschichte – eine von Geisterfotograf Ben zusammengewürfelte Truppe von Experten will der frisch in einer Südstaaten-Villa eingezogenen Sarah und ihrem 9-jährigen Sohn helfen, ungebetene Hausgeister loszuwerden – ist zwar mit namhaften Darstellern besetzt (unter anderem Danny DeVito, Jamie Lee Curtis, Owen Wilson), doch die Starpower kann den kindischen Humbug nicht retten.

GEISTERVILLA funktioniert auf so vielen Ebenen nicht, dass es schon fast unheimlich ist. Man fragt sich, wer hat entschieden, den Film in dieser Version in die Kinos zu bringen? Ein Haus voller Untoter in New Orleans wäre eigentlich eine hübsche Ausgangsidee, wenn Drehbuch und Regie ein bisschen Humor oder wenigstens Mut zu echtem Schrecken hätten. Doch das Ganze ist so öde wie die Fahrt in einer Kirmesgeisterbahn am helllichten Tag.

Trotz aller gezogenen Spukhaus-Register kommt keinerlei Spannung oder gar Horror auf. Miserables Timing sorgt dafür, dass so gut wie jeder Gag verpufft. Na schön, der Film ist für ein junges Publikum gemacht. Aber selbst 10-Jährige dürften sich bei dem unter anderem von Burger King sehr sichtbar gesponserten Geisterquatsch zu Tode langweilen.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Haunted Mansion“
USA 2023
123 min
Regie Justin Simien

alle Bilder © Walt Disney Studios Motion Pictures Germany

ARIELLE, DIE MEERJUNGFRAU

ARIELLE, DIE MEERJUNGFRAU

Ab 25. Mai 2023 im Kino

Fünf Gründe, weshalb man sich die kitschige Neuverfilmung von der kleinen Meerjungfrau sparen kann

Disney hat es schon wieder getan und einen seiner Zeichentrickklassiker zu einem Realfilm verhunzt. Die simple Geschichte ist bekannt: Arielle verliebt sich in Prinz Erik. Da Meerjungfrauen der Umgang mit Menschen verboten ist, geht sie einen Pakt mit der bösen Meerhexe Ursula ein. Sie bekommt für drei Tage Beine, muss aber in dieser Zeit vom Prinzen geküsst werden.

„Under the Sea“ - das einzige Highlight des Films

Erstens: Notiz an mich selbst – Wenn man Musicals nicht mag, sollte man sich keine anschauen.

Zweitens: ARIELLE beeindruckt zwar technisch, ersäuft aber in quietschbuntem Las-Vegas-Kitsch.

Drittens: Halle Bailey singt ihre Powerballaden so laut und penetrant, dass es in den Ohren schmerzt. Im Gegensatz zu anderen Disney-Musicals hat ARIELLE nur einen echten Hit: „Under the Sea“ – das einzige Highlight des Films.

Viertens: Warum haben die Drehbuchautoren das Ganze nicht modernisiert? Es reicht nicht, ein Märchen aus der Mottenkiste mit einem diversen Cast zu besetzen. Die Geschichte wirkt im Jahr 2023 extrem altbacken und aus der Zeit gefallen.

Und Fünftens: Gutes Aussehen ist nicht alles. Wenn die Gags nicht zünden, die Figuren beliebig bis unsympathisch sind, der Cast verschenkt ist (unter anderem Javier Bardem, Melissa McCarthy, Awkwafina), dann lässt die ganze Pracht am Ende kalt.

Lieber noch mal das Original auf Disney+ schauen.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „The Little Mermaid“
USA 2023
135 min
Regie Rob Marshall

alle Bilder © Walt Disney Studios Motion Pictures Germany

LIGHTYEAR

Kinostart 16. Juni 2022

Dass wir in düsteren Zeiten leben, zeigt folgende Meldung: In Saudi-Arabien wird „Lightyear“ verboten, weil er einen Kuss zwischen zwei Frauen zeigt. Herr im Himmel!

Jetzt wird’s kompliziert: „Lightyear“ ist weder Prequel oder Sequel, sondern ein Film im Film. In „Toy Story“ besitzt der Junge Andy ein Spielzeug namens Buzz Lightyear. Diese Actionfigur basiert auf dem Kinofilm „Lightyear“, der in der fiktiven Toy-Story-Welt ein Kassenschlager war. Franchise auf Metaebene sozusagen.

Man muss das alles nicht verstehen und auch die Pixar-Trilogie muss man nicht kennen, um an „Lightyear“ großen Spaß zu haben. Für Nerds gibt es unzählige Zitate und Querverweise auf beinahe alle Science-Fiction-Klassiker der Filmgeschichte, von Alien über Kampfstern Galactica, bis zu 2001, Star Wars und Trek. Doch auch ohne Hintergrundwissen bietet die Geschichte vom zeitreisenden Space Ranger und seiner Trümmertruppe den Zuschauern jede Menge Spannung, Herz und Humor.
Kein neuer Pixar-Klassiker, aber sehr gut gemachte Unterhaltung. Diese Woche der mit Abstand empfehlenswerteste Filmstart.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Lightyear“
USA 2022
105 min
Regie Angus MacLane

alle Bilder © Walt Disney Motion Pictures Germany

RON LÄUFT SCHIEF

RON LÄUFT SCHIEF

Der schönste Tag 2021 war der 4. Oktober: Facebook, Instagram und WhatsApp gingen für sieben Stunden offline. Die Welt konnte durchatmen. Was für ein Segen!

Dass sich so etwas in nächster Zeit wiederholt, ist eher unwahrscheinlich. Denn das Sammeln von Daten und das Absaugen unserer Lebenszeit ist für Social Media Konzerne überlebenswichtig. Please, like me! Das Grundübel begann schon 2007 mit der Einführung des iPhones. Apple hat die Menschen zu Smombies (© Jugendwort 2015) gemacht. Erstaunlich, dass die längst überfällige Abrechnung nun ausgerechnet in Form eines leicht zuckrigen Animationsfilms im Appledesign daherkommt.

Barney ist ein socially challenged Teenager. Freunde hat er keine, im Pausenhof steht er meist alleine rum. Kein Wunder, denn er ist der einzige Schüler ohne B-bot. Die übergroßen Tamagotchi-Eier können fahren, laufen, sprechen und natürlich sämtliche Social Media App-Funktionen erfüllen. Nebenbei speichern sie die persönlichen Daten ihrer Besitzer, verknüpfen sich untereinander in der Cloud. Das Ganze erinnert an eine Datingapp für Kinder. Du magst Schokolade und Einhörner? Match! Als Barney endlich seinen eigenen Bot zum Geburtstag bekommt, stellt er schnell fest, dass sein Gerät ein paar Macken hat.

Visuell orientiert sich „Ron läuft schief“ an Pixar-Produktionen, erreicht aber nicht ganz deren Qualitätslevel. Auch die fröhlich poppige Musikauswahl ist etwas gewöhnungsbedürftig. Aber der Humor stimmt, es gibt einige lustige Seitenhiebe auf fehlfunktionierende Technik und B-bot Ron ist ausgesprochen niedlich. Für den Voicecast in der Originalversion wurden unter anderem Jack Dylan Grazer, Zach Galifianakis und Olivia Colman verpflichtet.

„Ron läuft schief“ ist gute Familienunterhaltung mit sanftem Biss und hat das Herz am rechten Fleck. Ganz mit dem System brechen will der Film dann aber doch nicht, denn die Moral von der Geschicht’ ist ambivalent: Am Ende haben sich die sprechenden tictacs zu noch angepassteren Freunden der Kinder gewandelt. Konsequenter wäre es gewesen, die Scheißdinger einfach abzuschalten.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Ron’s Gone Wrong“
USA 2021
106 min
Regie Sarah Smith und Jean-Philippe Vine
Kinostart 28. Oktober 2021

alle Bilder © Walt Disney Studios Motion Pictures Germany

SHANG-CHI AND THE LEGEND OF THE 10 RINGS

SHANG-CHI AND THE LEGEND OF THE 10 RINGS

Dass es Marvel mit dem asiatischen Markt ernst meint, beweist schon die Anfangsszene: Da wird gefühlt 20 Minuten lang ausschließlich Mandarin mit Untertiteln gesprochen. Eine kleine Sensation für einen US-Blockbuster.

„Shang-Chi“ erzählt die Geschichte eines jungen Mannes, der sich dem Einfluss seines Vaters entziehen möchte, einem der mächtigsten Verbrecher der Welt. Es geht um Familie, Trauer und natürlich wie immer bei Marvel um Heldenbildung. So wie zuletzt „Black Panther“ die schwarze, integriert nun „Shang-Chi“ die asiatische Community ins Superhelden-Universum.

Der neue Marvel-Film ist Teil der PHASE IV (Nichtkenner lesen jetzt sowieso nicht weiter) und bläst kräftig frischen Wind ins MCU. „Shang-Chi and the Legend of the 10 Rings“ besticht durch eine wilde Mischung aus Martial-Arts und Fantasy. Die furiosen Kampfszenen (vor allem in einem Bus und später auf einem wackligen Hochhausgerüst) sind perfekt choreografiert und bereiten großen Spaß. „Crouching Tiger, Hidden Dragon“ auf Speed. Wie üblich bei Marvel, ist der dritte Akt mit seiner kopfschmerzerzeugenden CGI-Schlacht der uninteressanteste Teil des Films. Dafür gibt es ein unerwartetes Wiedersehen mit Fuchur, dem Glücksdrachen aus der unendlichen Geschichte … Oder zumindest einem engen Verwandten.

Obwohl die 133 Minuten Laufzeit ein paar Längen haben, ist „Shang-Chi“ visuell aufregendes, äußerst unterhaltsames Überwältigungskino. Und das Sitzenbleiben bis zum Ende des Abspanns lohnt sich: die beiden After-Credit-Szenen machen schon mal Appetit auf die nächsten Marvel-Abenteuer.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Shang-Chi and the Legend of the 10 Rings“
USA 2021
133 min
Regie Destin Daniel Cretton
Kinostart 02. September 2021

alle Bilder © Marvel Studios

JUNGLE CRUISE

JUNGLE CRUISE

Die Forscherin Lily (Emily Blunt) begibt sich auf die Suche nach dem sagenumwobenen Baum des Lebens im Amazonas. Unterstützt wird sie dabei von dem furchtlosen Kapitän eines klapprigen Schiffs, Frank (Dwayne Johnson) und ihrem schwulen Bruder (so 2021, Disney). Auf der halsbrecherischen Flussfahrt müssen sich die drei unzähligen Gefahren, verfluchten Geistern  und bösen Deutschen stellen.
Indiana Jones, Romancing the Stone, Pirates of the Carribean, The Mummy – Regisseur Jaume Collet-Serra zitiert hemmungslos das Best of Abenteuerfilm. Innovativ ist das nicht – aber wer will schon Neues erwarten, “Jungle Cruise” basiert schließlich auf einer 1955 erfundenen Disney-Park-Attraktion.

Der Film sieht unglaublich künstlich aus, ein Großteil der Dreharbeiten fand offensichtlich in einem Greenscreen-Studio statt. Flora und Fauna stammen komplett aus dem Computer. Die Künstlichkeit ist wahrscheinlich gewollt, der Original-Ride führt ja auch durch eine bunte Plastikwelt.

Ist das nun hohler Eskapismus oder großer Abenteuerspaß?
Vielleicht beides. Tempo, Humor und Chemie stimmen jedenfalls. Mit 128 Minuten ist „Jungle Cruise“ zwar etwas lang geraten, macht aber bei ausgeschaltetem Hirn einigermaßen Spaß.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Jungle Cruise“
USA 2021
128 min
Regie Jaume Collet-Serra
Kinostart 29. Juli 2021 mit VIP-Zugang ab 30. Juli auf Disney+

alle Bilder © Walt Disney Studios

CRUELLA

CRUELLA

Disney verdonnert zu absolutem Stillschweigen und Spoiler-Verbot bei Höchststrafe. Deshalb nur ein Satz zum Inhalt: „Cruella“ erzählt mit jeder Menge Camp die Anfänge der aus „101 Dalmatiner“ bekannten Super-Schurkin mit der unguten Vorliebe für etwas zu echten Animal-Print.

Schon wieder die nächste Realverfilmung eines Zeichentrickklassikers aus dem Mäusestudio. Im Unterschied zu den bisherigen Versuchen arbeitet sich diese Neuinterpretation aber nicht eins zu eins an ihrer Vorlage ab. Und – Überraschung: „Cruella“ ist richtig gut geworden. Look und Story sind erstaunlich düster und mutig für einen Disneyfilm – mehr „The Joker“, weniger „Pongo und Perdita“.

Sollte der Film im nächsten Jahr Oscars gewinnen (falls es bis dahin noch Oscars gibt, die Golden Globes haben sich ja gerade selbst erledigt), dann verdientermaßen für Hair & Makeup, Production Design und Kostüme!

Laufsteg, Glamour, Designerdrama – wer nach Ende der originalbesetzten TV-Show „Project Runway“ Modeentzugserscheinungen verspürt, kommt hier auf seine Kosten. „Cruella“ ist ein einziges Fashion-Statement. Kostümdesignerin Jenny Beavan (u.a. „Mad Max – Fury Road“) präsentiert eine fantastische Kollektion nach der anderen. Zurückhaltung ist passé – das ist wie eine Haute Couture-Show auf Koks, ausgedacht von Vivienne Westwood, Yves Saint Laurent und Karl Lagerfeld.

„Cruella“ ist all das, was „Birds of Prey (And the Fantabulous Emancipation of One Harley Quinn)“ gerne gewesen wäre: originell, schräg und mit liebevoll gzeichneten Figuren erzählt. Die Stars des Films sind (neben den Kostümen) die beiden oscargekrönten Emmas. Emma Stone mixt in der Titelrolle Bosheit, Irrsinn und Verletzlichkeit zu einem perfekten Cocktail. Und Emma Thomson spielt als niederträchtige Baroness von Hellman sogar Meryl Streeps Prada-Hexe an die Wand.

FAZIT

Fantasievoller, Disney-untypischer Spaß. Eher nix für Kinder.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Cruella“
USA 2020
134 min
Regie Craig Gillespie
Kinostart 27. Mai 2021 (wo möglich)
und ab dem 28. Mai mit VIP-Zugang* auf Disney+

alle Bilder © Walt Disney Studios Motion Pictures Germany

MULAN

Disney hat sich entschlossen, den potenziellen US-Sommerblockbuster „Mulan“ nicht im Kino, sondern auf seiner Streaming-Plattform Disney+ anzubieten: Zuschauer können sich für knapp 22 €  (zusätzlich zum Abo-Preis) den Film mieten. Dieser kann dann so oft abgespielt werden, wie das Disney+ Abo läuft. Wahrlich kein Schnäppchen. Der Mäusekonzern argumentiert, ein Kinobesuch mit Eltern und zwei Kindern sei weitaus teurer. Stimmt, besonders wenn die Blagen literweise Cola und mehrere Eimer Popcorn verfuttern.

Wer das Original nie gesehen hat, hier noch mal kurz die Geschichte: Mulan Hua, die Tochter eines hochdekorierten Soldaten, beschließt anstelle ihres kranken Vaters dem Einberufungsbefehl des Kaisers zu folgen. Das junge Mädchen gibt sich in Männerverkleidung als Jun Hua aus und muss sich einer strengen Ausbildung unterziehen. Beim Kampf gegen eine böse Hexe lernt sie, auf ihre innere Stärke zu vertrauen und entdeckt dabei ihr wahres Potenzial. 

Die Neuverfilmung hat  jede Menge Augenfutter zu bieten – kein Wunder bei 200 Millionen Dollar Budget. Doch all die bunten Kostüme und die zahlreichen Slowmotion-Kämpfe in grandioser Naturkulisse können nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Charaktere zweidimensionaler als ein Blatt Papier sind. Die Augen sind erfreut, doch das Herz bleibt kalt.

Wie steht’s mit Girl power für Fortgeschrittene? Das wäre ja mal was gewesen, wenn die tapfere Kriegerin am Ende, auf alle Konventionen pfeifend, alleine in den Sonnenuntergang geritten wäre. Doch ganz so weit will Disney nicht gehen: Ein echtes Happy End kann es nur dann geben, wenn die Männer – in diesem Fall der Kaiser und der eigene Vater – Mulan ihre vermeintlichen Fehler verzeihen und Absolution erteilen. Dann wird’s auch was mit dem Herzbuben.

„Mulan“ gesellt sich zu den vielen unterwältigenden Realverfilmungen, die Disney von seinen Zeichentrick-Klassikern in den letzten Jahren ins Kino gebracht hat. Braucht man die? Nein. Aber es lässt sich viel Geld damit verdienen und jede Generation soll ihre eigene Version…bla, bla, bla. Wenigstens singt keiner.

FAZIT

Besser als Aladdin.

Originaltitel „Mulan“
USA 2020
115 min
Regie Niki Caro
Streaming bei Disney+ für 21,99 € ab dem 04. September 2020

ONWARD: KEINE HALBEN SACHEN

New Mushroomton ist eine stinknormale US-Kleinstadt: Hier leben Elfen, Zwerge, Riesen, besoffene Einhörner und die blauhaarigen Brüder Ian und Barley Lightfoot (im Original: Tom Holland und Chris Pratt).
Zu seinem 16. Geburtstag bekommt Ian von seiner Mutter ein ganz besonderes Geschenk – einen Zauberstock, mit dem er (angeblich) seinen verstorbenen Vater für einen Tag zurück ins Leben holen kann.

Regisseur Dan Scanlon hat die Zutaten aus so ziemlich jedem erfolgreichen Fantasy-Film der letzten Jahrzehnte in einem großen Topf (oder hier passender: Kessel) zusammengerührt: Harry Potter, Herr der Ringe, Gremlins, Drachenzähmen leicht gemacht, dazu ein bisschen Avatar und eine Prise Transformers. Aber was er aus diesem Brei gemacht hat, ist überraschend originell und schmeckt!
Wie immer bei Pixar-Produktionen legt das Drehbuch großen Wert auf liebevoll ausgearbeitete Figuren. Die Vater-Sohn-Familien-Geschichte punktet besonders mit selbstironischen Seitenhieben auf die übertriebene Kommerzialisierung, wie sie Disney in seinen diversen Themenparks betreibt. Der Film hat Herz, Humor und natürlich eine Botschaft. Die ist zwar auch recycelt – sei Du selbst, dann kannst Du alles schaffen – aber wie das präsentiert und inszeniert wird, ist ausgemacht unterhaltsam.

FAZIT

„Onward: Keine halben Sachen“ spielt zwar nicht in der Liga von „UP“, „Inside Out“ oder anderen Pixar-Klassikern, besticht aber durch seinen erfrischenden Humor und seine hübschen originellen Ideen.

Originaltitel „Onward“
USA 2019
112 min
Regie Dan Scanlon
Kinostart 05. März 2020

DER KÖNIG DER LÖWEN

Egal, ob man Musicals nun mag oder nicht: „Der König der Löwen“ sieht fantastisch aus und ist eine technische Meisterleistung.

Das Remake des Zeichentrick-Klassikers von 1994 ist visuell bahnbrechend, die fotorealistischen Landschaften und Tiere in diesem zu hundert Prozent im Computer entstandenen Animationsfilm sehen unfassbar gut aus. Dahinter steckt wieder einmal Jon Favreau, der schon mit „Iron Man“ und „The Jungle Book“ Maßstäbe im CGI-Filmemachen gesetzt hat.

Für die Optik also fünf Sterne plus, für das etwas mutlose Eins-zu-eins-Remake nur zwei. Denn Disney geht mit dieser Neuauflage auf Nummer sicher: die bekannte Hamlet-Geschichte vom Löwenjungen Simba, die Dialoge, die berühmten Originalsongs – fast alles unverändert. Immerhin ist der namhafte voice-cast neu: im Original sprechen und singen unter anderem Beyoncé, Seth Rogen und Donald Glover.

FAZIT

Grundsätzliche Frage nach „Dumbo“ und „Aladdin“: Braucht es technisch ge-updatete Versionen alter Zeichentrickklassiker? Bei der Pressevorführung von „Der König der Löwen“ hat eine erwachsene Frau auf dem Nebensitz abwechselnd vor Freude gegluckst und Rotz und Wasser geheult – Disney scheint diesmal alles richtig gemacht zu haben.

Originaltitel „The Lion King“
USA 2019
117 min
Regie Jon Favreau
Kinostart 17. Juli 2019

ALADDIN

Das Beste an „Aladdin“ ist ein ausgesprochen liebenswerter fliegender Teppich. Und – trotz aller Unkenrufe im Vorfeld – Will Smith. Der bringt in der Nachfolge von Robin Williams die dringend benötigte Portion schrägen Humors in die Geschichte. Doch bis zu seinem ersten Auftritt als Genie quält sich der Film zäh im Stil einer TV-Soap dahin. Straßendieb Aladdin und Prinzessin Jasmine wirken mit ihren geweißten Zähnen und frisch gestärkten Bollywood-Kostümen so makellos sauber, als hätten sie sich aus einer anderen Disney Produktion, dem „High School Musical“ in die Wüste verirrt. Die Künstlichkeit der Darsteller passt zu den Pappkulissen. Der Film sieht aus, als wäre er in einem Vergnügungspark gedreht worden. 

„Aladdin“ ist harmlose, formelhaft gemachte Unterhaltungsware. Vielleicht wurde Regisseur Guy Ritchie vom Studio ausgebremst, von seinem einstigen anarchischen Touch ist jedenfalls nichts mehr zu spüren.

Immerhin funktioniert die Musik: Klassiker wie „Friend Like Me“ und „A Whole New World”, bekannt aus dem 1992er Zeichentrickfilm,  erweisen sich als unzerstörbar und entfalten auch in der neuen, zweidimensionalen Plastikwelt ihre ganze Größe.

Disney plündert weiter das Archiv und setzt bei seinen Neuversionen auf Quantität – doch die Fehlschüsse häufen sich. Nach den gelungenen „Maleficient”, „Das Dschungelbuch” und „Die Schöne und das Biest” kamen mit „Mary Poppins“, „Dumbo“ und nun „Aladdin“ allein im letzten halben Jahr drei eher durchschnittliche Filme ins Kino. Bleibt abzuwarten, ob „Der König der Löwen“ und „Mulan“ besser gelingen.

Originaltitel „Aladdin“
USA 2019
128 min
Regie Guy Ritchie
Kinostart 23. Mai 2019

Mary Poppins‘ Rückkehr

London, 30er Jahre: die Wirtschaftskrise drückt aufs Gemüt und auch im Kirschbaumweg Nummer 17 sind die Zeiten alles andere als rosig. Michael Banks ist mittlerweile ein erwachsener Strickjackenträger und muss seine drei Kinder als Witwer alleine großziehen. Nun soll das geliebte Elternhaus gepfändet werden. Um das zu verhindern, müssen er und seine Schwester Jane binnen weniger Tage beweisen, dass sie die rechtmäßigen Besitzer sind. Auftritt: Mary Poppins. Durch die Wolken geschwebt, übernimmt sie kurzerhand noch einmal das Ruder und rettet den Tag.

Mit „Das Dschungelbuch“ kam 2016 eine kongeniale Realverfilmung des Zeichentrickklassikers in die Kinos. Im kommenden Jahr starten Neuauflagen von „Dumbo“, „Aladin“ und „Der König der Löwen“: Disney hat das Recycling entdeckt. Mittlerweile wird das gesamte Portfolio einem Makeover unterzogen, nun also Mary Poppins. Für die Fortsetzung des Chim Chim Cher-ee-Erfolgs von 1964 sind die Erwartungen hoch, das Original hat seinerzeit fünf Oscars gewonnen und machte Julie Andrews zum Weltstar.

Erstmal die gute Nachricht: Der Film sieht toll aus. Die Sets, die Choreografien, die Kostüme – das ist fantasievoll inszeniert und bietet jede Menge perfekt gemachtes Augenfutter. Besonders die quietschbunten Realfilm-Zeichentricksequenzen machen durch ihren retro „handmade“ Look gute Laune. Die Besetzung ist so erlesen wie prominent: Ben Whishaw, Julie Walters, Meryl Streep, Colin Firth. Das Beste an Mary Poppins‘ Rückkehr ist aber ohne Zweifel Emily Blunt. Die überzeugt mit der nötigen Portion Schrägheit und jeder Menge Charme in der Titelrolle des fliegenden Kindermädchens.

Nun die schlechte Nachricht: In Musicals wird gesungen, in diesem besonders viel. Das wäre nicht weiter tragisch, wenn die Songs nicht so banal wären. Lalala, reichlich belanglos plätschert es von einer nichtssagenden Nummer zur nächsten. Da fehlt jegliches Mitsing- oder Ohrwurmpotenzial. Hätten die Macher genauso viel Liebe in die Entwicklung der Songs wie in die visuelle Umsetzung gesteckt, Mary Poppins’ Rückkehr hätte das Zeug zum modernen Klassiker gehabt.

FAZIT

Charmante Fortsetzung, mehr fürs Auge als fürs Ohr.
Die Hälfte der Songs, dafür supercalifragilistig expialigetischer, hätte es auch getan.

USA, 2018 
Regie Rob Marshall 
131 min 
Kinostart 20. Dezember 2018

Der Nussknacker und die vier Reiche

⭐️⭐️

Disneys Interpretation von E.T.A. Hoffmanns Kurzgeschichte und Peter Tschaikowskys Ballett.

Zum Kinobesuch bitte reichlich Insulin einpacken. So süß, quietschbunt und politisch korrekt kommt der neue Disneyfilm daher, dass man sich gar nicht traut, irgendetwas Schlechtes über dieses Kitschfest zu sagen.
Getreu Liberaces Motto: „Zuviel des Guten ist wundervoll“, platzt Der Nussknacker und die vier Reiche  schier vor Ideenreichtum. Die Fantasiewelten und ihre eigenwilligen Bewohner wurden mit einer ausufernden Liebe zum Detail in Szene gesetzt. Besonders die immer wieder auftauchenden Uhrwerke, Spieldosen und andere mechanische Spielereien bieten hohen Unterhaltungswert. Gleich zu Beginn wird das in einer sehr hübschen Sequenz mit der wahrscheinlich kompliziertesten Mausefalle aller Zeiten gezeigt.
Ein aufgedrehter, opulent erzählter Familienfilm mit prominenter Besetzung: unter anderem erleiden Keira Knightley, Mackenzie Foy, Helen Mirren und Morgan Freeman einen Zuckerschock.

FAZIT

Wer sich für stark geschminkte Frauen (und Männer) in sehr, sehr bunten Kostümen begeistern kann und die Vorweihnachtszeit am liebsten auf 362 Tage im Jahr ausdehnen würde, dem sind 100 Minuten süßeste Unterhaltung garantiert.

USA, 2018
Regie Lasse Hallström, Joe Johnston
100 min
Kinostart 01. November 2018