HANNES

HANNES

Lieber Hannes,

ich schreibe Dir heute, weil sie einen Film über uns gemacht haben. Seit deinem Motorradunfall liegst Du ja im Koma und kannst dich nicht mehr wehren. Was soll ich sagen: Der Film ist richtig schlecht geworden. So schlecht, dass er für die Dozenten aller Filmhochschulen eine Offenbarung wäre. Erstsemester aufgepasst: So macht man es nicht. Die hölzernen Dialoge klingen, als hätte sie die Drehbuchautorin von „Unser Charly“ geschrieben. Musikalischer Berater war wohl Til Schweiger – an einem miesen Tag mit Kater. Kein Gefühl ist echt, alles großer Kitsch. Irgendwie haben es die Produzenten geschafft, namhafte Schauspieler zu verpflichten. Lisa Vicari aus „Dark“ zum Beispiel. Die hat aber nichts zu tun, außer grimmig zu schauen. Wahrscheinlich wurde ihr erst beim Dreh klar, worauf sie sich da eingelassen hat. Heiner Lauterbach hatte wohl auch keine Lust, der spielt, als würde er das Telefonbuch vorlesen. Und wusstest Du, dass Hannelore Elsner kurz vor ihrem Tod noch 300 Filme gedreht hat? Oder weshalb taucht sie hier schon wieder in ihrer allerallerletzten Rolle auf? Für Hannelore muss der Dreh ein Vorgeschmack auf die Hölle gewesen sein, schon wieder muss sie die immer noch attraktive, kapriziöse Irre geben. Der Film ist ihr sogar gewidmet, die Arme.
Alles sehr schade, die Geschichte unserer Freundschaft hätte einen besseren Film verdient. Die gute Nachricht: Bei den Goldenen Himbeeren werden deutsche Filme nicht berücksichtigt.

Alles Liebe, dein Moritz

INFOS ZUM FILM

Deutschland 2019
91 min
Regie Hans Steinbichler
Kinostart 25. November 2021

alle Bilder © STUDIOCANAL

RESIDENT EVIL: WELCOME TO RACCOON CITY

RESIDENT EVIL: WELCOME TO RACCOON CITY

Willkommen zu einer kleinen Zeitreise in die Waschbären-Stadt! Das Prequel zur erstaunlich erfolgreichen Resident Evil-Serie spielt 1998. Raccoon City ist zur Geisterstadt verkommen. Schuld daran ist der Wegzug des Pharmariesen Umbrella Coporation. Keine Arbeitsplätze, keine lebendige Kleinstadt. Auch Claire hat sich vor fünf Jahren aus dem Staub gemacht. Als sie zurückkehrt, um ihren Bruder Chris vor einer bevorstehenden Katastrophe zu warnen, ahnt sie nicht, dass das Unheil schon an der Tür kratzt.

1,2 Milliarden Dollar hat das Franchise bis heute eingespielt. Aus Produzentensicht naheliegend, dass es irgendwie weitergehen muss. Jetzt also ein Prequel, das der zuletzt etwas aus der Puste gekommenen Resident Evil-Serie neue Energie verleihen soll. „Welcome to Racoon City“ erfindet das Genre nicht neu – die Versatzstücke sind aus vielen Horrorfilmproduktionen bekannt – trotzdem funktioniert der Neustart. Die Geschichte vom Ursprung allen Zombieübels ist durchweg spannend erzählt und funktioniert auch ohne Postergirl Milla Jovovich hervorragend. Teil 8 kann kommen.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Resident Evil: Welcome to Racoon City“
Deutschland / Kanada 2021
107 min
Regie Johannes Roberts
Kinostart 25. November 2021

alle Bilder © Constantin Film

PRÉLUDE

Die Netflix-Serie „Dark“ geht bald in die 3. Season und Louis Hofmann hat noch kein einziges Mal seinen Penis gezeigt! So sad. Möglicherweise liegt es am Fernsehformat, denn auf der großen Leinwand zieht der Jungschauspieler regelmäßig blank. Auch in „Prélude“ gibt es keinen zwingenden Grund für eine Full-Frontal Szene – und dennoch…

Der talentierte, aber nicht übertalentierte Pianist David (Louis Hofmann) studiert am Musikkonservatorium. Gleich zu Semesterbeginn verliebt er sich in Marie (Liv Lisa Fries), die eigentlich mit Walter zusammen ist (Johannes Nussbaum) – Verwirrung der Gefühle. Unter der Fuchtel seiner fordernden Professorin Frau Matussek (Ursina Lardi) wird sich David schnell seiner Mittelmässigkeit bewusst. Bald schmerzt der Körper, die Hände zucken unkontrolliert, der zerbrechliche Junge verfällt in depressive Wahnvorstellungen.

„Prélude“ zeigt zur Abwechslung mal keine crazy Mittepartypeople, sondern fast altmodisch ernsthafte, junge Menschen beim Studium. Gäbe es keine Rollkoffer und anderen modernen Kram – der Film könnte genauso gut in der Vorkriegszeit des vergangenen Jahrhunderts spielen. Da passt vor allem Liv Lisa Fries, die wie geboren wirkt für zeitlich nicht klar einzuordnende Rollen. Wie immer präzise und gut: Louis Hofmann. Der 22-Jährige hält perfekt die Balance zwischen kalter Arroganz und großen Selbstzweifeln.

„Prélude“ ist besonders in der ersten Hälfte stark: ein analytisch scharfes, geradlinig erzähltes Portrait. Doch je verrückter David, desto sperriger der Film. Einbildung und Realität heben sich auf, es wird immer unklarer, ob er glaubt, etwas zu tun oder es tatsächlich tut. Dieses Verwischen der Grenzen könnte spannend sein, doch Regisseurin Sarabi entgleitet mit fortschreitender Paranoia der Hauptfigur auch der Erzählfluß, die Geschichte wird immer wirrer.

FAZIT

Drama vom Zerbrechen unter den zu hohen Anforderungen an sich selbst. Gut gespielter, am Ende schwer nachvollziehbarer Blick in eine sensible Künstlerseele.

Deutschland 2019
95 min
Regie Sabrina Sarabi
Kinostart 29. August 2019