RENFIELD

RENFIELD

Ab 25. Mai 2023 im Kino

Was tun, wenn der Chef ein echter Blutsauger ist und die Kündigungsfrist 100 Jahre beträgt? „Renfield“ erzählt die sterbenslangweilige Selbstfindungsgeschichte eines devoten Untoten.

Wie Siebenbürgens anderer Exportschlager Peter Maffay verweigert auch Ex-Transsylvanier Graf Dracula (Nicolas Cage) vehement den wohlverdienten Ruhestand. Schurigelt stattdessen im New Yorker Exil sein Faktotum Renfield (Nicholas Hoult), der ihn mit blutjungen Cheerleaderinnen und anderen Leckerbissen versorgt und ausgerechnet bei den Anonymen Beziehungsgeschädigten moralische Unterstützung sucht.

Auch die Besetzung reißt es nicht raus

Klingt albern, ist es leider nicht. Eher überfrachtet mit Prototypen sämtlicher Genres. Denn das unterbelichtete Reich des Fürsten der Finsternis wird bevölkert von dumpfbackigen Kleinkriminellen, Mobstern und korrupten Cops. Bram Stokers 1897 erschienene Horror-Novelle ist nicht totzukriegen, wurde seit der Stummfilmzeit mehr als zweihundertmal adaptiert. Was Chris McKay nun bewog, den Klassiker zu einer unspaßigen Komödie zu verhunzen, weiß der Regisseur allein.

Auch die Besetzung reißt es nicht raus: Nicholas Hoult als kulleräugiger Demkannmaneinfachnichtbösesein und Nicolas Cage, grimassierend und chargierend, dass man den Pflock ansetzten möchte. Einziger Lichtblick ist Awkwafina als toughe Polizistin, die ihre männlichen Filmkollegen an die Wand spielt – und prügelt. Wirklich spitze sind hier nur die Zähne, wahrhaft schauerlich die deutsche Synchronisation.

Text: Anja Besch

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Renfield“
USA 2023
93 min
Regie Chris McKay

alle Bilder © Universal Pictures International Germany

the MENU

Kinostart 17. November 2022

„Die im Feuer alter Buchenstämme vierzehn Stunden geräucherte Hippe wird von einem Schmand begleitet, den wir von Bauer William aus Schottland beziehen. Seine Kuh Mathilda gibt nur einen Liter Milch pro Woche, welcher exklusiv für diesen Gang in osmanischer Salzlake fermentiert wurde“.
So klingt die nicht erfundene Beschreibung eines verbrannten Stück Teigs mit saurer Sahne in einem Berliner Sterne-Restaurant. Man sitzt da, hört sich’s an und staunt. Jede Zutat wird mit einer Geschichte aufgeladen, alles ist Kunst. Wer schon mal das zweifelhafte Vergnügen hatte, in diesem nicht näher genannten Lokal zu dinieren, der ahnt, dass die im Film „the MENU“ gezeigte Welt der Superfoodies ziemlich nah an der Realität ist.

Selten wurde Grausamkeit so ästhetisch serviert

Eine Gruppe reicher und berühmter Menschen reist auf eine Insel, um dort im ultra-exklusiven Restaurant Hawthorne zu speisen. Spaß kostet Geld: Für das Menü des legendären Chefkochs Slowik (Ralph Fiennes) sind 1.250 $ pro Kopf fällig. Doch was als unvergessliches Gourmet-Erlebnis geplant war, wandelt sich im Laufe des Abends zum Höllentrip.

Menu surprise: Regisseur Mylod spannt einen eleganten Bogen von satirischer Komödie über ausgewachsenen Thriller bis hin zum blanken Horror. Man weiß nie, was als Nächstes passiert, es bleibt bis zum Ende wunderbar überraschend. Das intelligente, mit scharfzüngigen Dialogen gespickte Drehbuch von Seth Reiss und Will Tracy nimmt dabei gekonnt die Auswüchse des Kapitalismus aufs Korn. Insofern ist „the MENU“ dem oscargekrönten „Parasite“ nicht unähnlich.

Selten wurde Grausamkeit so ästhetisch serviert. „the MENU“ nutzt den visuellen Stil der augenschmausigen NETFLIX-Serie „Chef’s Table“, inklusive ironischer Zwischentitel mit pseudo-poetischen Wortschöpfungen für den jeweiligen Gang. Aus der rundum delikaten Besetzung stechen vor allem der immer fabelhafte Ralph Fiennes als Chefkoch und Hong Chau als eiskalt professionelle Oberkellnerin Elsa hervor. „the MENU“ ist eine zugleich komische und bitterböse Abrechnung mit der grotesken Welt der Spitzengastronomie. Guten Appetit.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „The Menu“
USA 2022
107 min
Regie Mark Mylod

alle Bilder © Walt Disney Studios Motion Pictures Germany

TOLKIEN

Für seine Werke „Der Hobbit“ und „Der Herr der Ringe“ hat J.R.R. Tolkien ganze Welten erfunden, sogar eigene Sprachen kreiert. Die Romane aus den 1930er und 40er Jahren sind bis heute Vorbild für etliche Fantasy-Bücher und Filme. Peter Jacksons epische Trilogien wurden vielfach ausgezeichnet, spielten Milliarden ein. Mit „Tolkien“ kommt nun die Lebensgeschichte eines der berühmtesten Autoren des 20. Jahrhunderts ins Kino. Und die ist vergleichsweise banal.

Die wenig originelle Rahmenhandlung des Films zeigt den erwachsenen John Ronald Reuel Tolkien (Nicholas Hoult) fiebrig durch die Schützengräben des Ersten Weltkriegs irrend. Während um ihn herum die Welt brennt, erinnert er sich an sein bisheriges Leben. Die Mutter, deren Rittergeschichten er als kleiner Junge lauschte, stirbt früh,  J.R.R. und sein Bruder bleiben als Waisen zurück. Als Jugendlicher trifft er seine große Liebe Edith (Lily Collins), elfenschön und ebenfalls Waise. Später auf der Universität gründet er mit drei Freunden eine „Fellowship“, ein Bündnis ewiger Treue. Der Beginn des Ersten Weltkriegs beendet das idyllische Dasein in Cambridge abrupt, die vier Freunde müssen an die Front.

Was hätte das alles werden können: Eine fantastische Reise in die Gedankenwelt eines Genies! Woher nahm Tolkien die Inspiration für Hobbits, Gandalf und Gollum? Das Ineinandergreifen von Realität und Fantasie! Aber scheinbar war Tolkiens Leben nicht aufregend genug, um daraus einen interessanteren Spielfilm zu machen. Die naheliegende Idee, Parallelen zwischen dem Leben und Werk des Autors zu ziehen, taucht nur in kurzen, zu subtilen Andeutungen auf. “Tolkien“ ist nett anzusehendes, braves Sonntagnachmittagskino. Schade, denn den guten Schauspielern und auch sich selbst als Zuschauer hätte man einen aufregenderen Film gewünscht.

FAZIT

Erzählerisch uninspiriert und visuell ein besseres TV-Movie. Insgesamt recht belanglos.

Originaltitel „Tolkien“
GB 2019
112 min
Regie Dome Karukoski
Kinostart 20. Juni 2019