BARBIE

BARBIE

Ab 20. Juli 2023 im Kino

Die Zeichen stehen auf Pink - und nein, es liegt zwar auf der perfekt manikürten Plastikhand - aber in dieser Kritik wird auf keinen Fall „Barbie Girl“ von Aqua zitiert.

Warum auch? Greta Gerwigs nach gefühlt ewigem Hype endlich das Licht der Leinwand erblickende Film ist weit von miesem Eurodancetrash entfernt. BARBIE ist die wunderbar groteske Antwort auf die Frage: Was wäre, wenn sich Barbie und Ken aus ihrer makellosen Mattel-Plastikwelt in unsere Realität verirrten? Die Musik-Komödie ist gleichzeitig ein schlauer Kommentar auf unsere komplett dem Konsum und Oberflächlichkeiten erlegene Gesellschaft.

Knallbunte Lektion in Sachen Emanzipation

Aber keine Sorge: Schlau muss nicht langweilig sein. Dafür sorgen die perfekt besetzten Schauspieler, allen voran Margot Robbie, die dem ewig gut gelaunten Puppentraum fast aller Mädchen dank Existenzkrise eine erstaunliche Tiefe verleiht. Und Ryan Gosling stiehlt ihr als dumm-geiler Ken mit nacktem Oberkörper fast die Show.

Natürlich ist BARBIE vor allem ein einziger Augenschmaus. Vorausgesetzt, man hat keine Pink-Phobie. Aber an Sets und Kostümen kann man sich kaum sattsehen. Das ist ein herrlich künstlicher Fiebertraum und trotzdem niemals platt oder zu viel. Und wenn, dann nur im Liberace-Sinne.

BARBIE ist alles, was der Trailer verspricht … und ein bisschen mehr. Besonders die zweite Hälfte ist eine knallbunte und kindgerechte Lektion in Sachen Emanzipation. Kleine Mädchen mithilfe einer konsumbesessenen Plastikpuppe in ihrem Selbstbewusstsein stärken: Mehr kann man von einem Sommer-Blockbuster nicht erwarten.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Barbie“
USA / GB 2023
114 min
Regie Greta Gerwig

alle Bilder © Warner Bros. Pictures Germany

AD ASTRA – ZU DEN STERNEN

Auf der höchsten Antenne der Welt, deren Spitze bis in den Weltraum ragt, arbeitet Astronaut Roy McBride (Brad Pitt) – der coolste von allen. Selbst als die Antenne von einem Stromschlag getroffen wird und er aus vielen Kilometern Höhe zur Erde stürzt, bleibt sein Puls konstant bei 60. Der mysteriöse Energiestoß kommt vom Neptun, wo Roys verschollen geglaubter Vater vermutet wird. Um weitere Katastrophe zu verhindern, reist Major McBride an den äußeren Rand des Sonnensystems.

Orgelmusik. Tiefsinnige, innere Monologe. Weltraumaufnahmen, die so perfekt sind, als sei ein Kamerateam dorthin gereist: Klingt wie eine Beschreibung des Science-Fiction-Epos „Interstellar“, ist aber „Ad Astra“, der diesjährige US-Wettbewerbsbeitrag der Filmfestspiele von Venedig. 

Ging es bei Christopher Nolan um das zerrissene Band zwischen Vater und Tochter, ist diesmal eine kaputte Vater-Sohn Beziehung das Thema. Außer einer sehr hübsch gemachten actionreichen Verfolgungsjagd auf dem Mond setzt Regisseur Gray hauptsächlich auf schwermütige Erkenntnissuche. Familienaufstellung im Kosmos. Brad Pitts Talent als Charmeur wird verschenkt. Wie schon Ryan Gosling in „First Man“ beschränkt sich seine Schauspielerei auf trauriges vor sich Hinstarren. Das macht auf Dauer nur bedingt Freude beim Zusehen. Der Filmtitel leitet sich von der lateinischen Redewendung „Per aspera ad astra“ ab, was soviel wie „Durch Mühsal gelangt man zu den Sternen“ heißt. Da ist was dran – die 116 Minuten fühlen sich wie 4 Stunden an.

FAZIT

Mehr was für Freunde von Soderberghs „Solaris“.

Originaltitel „Ad Astra“
USA 2019
116 min
Regie James Gray
Kinostart 19. September 2019

Aufbruch zum Mond

Am 20. Juli, vor fast 50 Jahren, betrat Neil Armstrong mit einem kleinen Schritt als erster Mensch den Mond. „First Man“, so der Originaltitel, erzählt die Geschichte der NASA-Mission von 1961 bis 1969.

Damien Chazelles Film ist eine ernsthafte, vielleicht zu ernsthaft geratene Biografie, die zwar beweist, wie meisterhaft der junge Regisseur mittlerweile die unterschiedlichsten Stile des Filmemachens beherrscht, den Zuschauer aber auch oft kalt lässt. Stellenweise erinnert der Hyperrealismus des Films an Christopher Nolans „Interstellar“, allerdings ohne den Spaßfaktor.

„Aufbruch zum Mond“ ist kein Abenteuerfilm, mehr ein Kammerspiel, eine Beobachtung und Charakterstudie seiner extrem introvertierten Hauptfigur geworden. Neil Armstrong, der sein Leben offenbar meist wissenschaftlich analytisch betrachtete und kaum Wärme oder Empathie ausstrahlte, bestimmt mit seiner Emotionslosigkeit die ersten zwei Drittel des Films. Ryan Goslings Mimik bleibt der Figur entsprechend leer, selten huscht so etwas wie ein Lächeln über sein Gesicht. Das mag in Anbetracht Armstrongs erlebter Schicksalsschläge historisch richtig sein, macht es aber schwer, sich mit der Figur zu solidarisieren.

Im letzten Drittel nimmt die Geschichte dann endlich Fahrt auf. Rechtzeitig zur Mondlandung zeigen Chazelle und sein Kameramann Linus Sandgren, was sie können. Teils auf 16 mm, teils auf 35 mm gedreht, wurde für die atemberaubenden Szenen der Mondmission das IMAX-Format verwendet.  Die Musik von Oscarpreisträger Justin Hurwitz darf nun auch in die Vollen gehen und beinahe weht ein Hauch von „La La Land“-hafter Eleganz über die Mondlandschaften.

FAZIT

Tipp vom Reiseführer: Wer immer schonmal wissen wollte, wie es sich anfühlt, in einer extrem engen Raumkapsel zu sitzen und sein Leben komplett der klapprigen Technik anzuvertrauen, kommt hier auf seine Kosten. Selten haben sich Flugszenen klaustrophobischer und authentischer angefühlt als hier.
Guter, sehr erwachsener Film.

USA, 2018
Regie Damien Chazelle
141 min
Kinostart 08. November 2018