AMRUM
Ab 09. Oktober 2025 im Kino
Mission Honigbrot: Nanning lebt mit Mutter, Tante und jüngeren Geschwistern auf der nordfriesischen Insel Amrum, wohin die Familie aus dem zerbombten Hamburg geflohen ist. Der Vater sitzt in Gefangenschaft, die Mutter – hochschwanger und überzeugte Nationalsozialistin – kämpft nach Kriegsende mit Depressionen. Der Führer ist tot, wozu noch weiterleben? Auf den Schultern des Jungen lastet plötzlich die Verantwortung, die Familie durchzubringen. Auf Tauschhandel und Einfallsreichtum angewiesen, macht er sich auf die Suche nach Weißbrot, Butter und Honig, denn das ist das Einzige, was die traurige Mutter noch essen mag.
Die Vorlage liefern die Kindheitserinnerungen von Hark Bohm. Da der mittlerweile 85-Jährige keine Kraft mehr hatte, das Projekt selbst zu realisieren, steht im Vorspann: „Ein Hark Bohm Film von Fatih Akin“. Tatsächlich ist AMRUM stärker Bohm als Akin – ein stilles Vermächtnis, weniger ein typisches Akin-Werk.
Vergleiche zu In die Sonne schauen drängen sich auf: Auch dort wird Kindheit in einer schwierigen Vergangenheit verhandelt, auch dort wird Dialekt gesprochen – zum Glück mit Untertiteln, sonst würde man kein Wort verstehen. Doch während In die Sonne schauen formal wie inhaltlich neue Maßstäbe setzt, bleibt AMRUM klassischer und damit für das breite Publikum leichter zugänglich.
Von den großen Namen auf dem Plakat sollte man sich nicht täuschen lassen: Diane Kruger und Detlev Buck spielen nur Minirollen, Matthias Schweighöfer ist – wenn überhaupt – für eine Minute im Bild. Die eigentliche Kraft des Films liegt bei der wie immer großartigen Laura Tonke als fanatische Nazimutter und beim Newcomer Jasper Billerbeck, der in seiner ersten Rolle den jungen Nanning mit beeindruckender Natürlichkeit spielt.
AMRUM ist ein sehr persönlicher Film über Schuld, Verantwortung und den schwierigen Beginn einer neuen Zeit. Dass er heute, im Angesicht des wiedererstarkenden Rechtsradikalismus, von so bedrückender Aktualität ist, macht ihn umso sehenswerter.
INFOS ZUM FILM
Deutschland 2025
93 min
Regie Fatih Akin
alle Bilder © Warner Bros. Pictures Germany
















