WILD WIE DAS MEER

WILD WIE DAS MEER

Ab 21. September 2023 im Kino

Wild wie das Meer sind oft auch die deutschen Verleiher: Der im Französischen schlicht „La passagère“ getitelte Film von Héloïse Pelloquet erzählt von einer 45-jährigen Fischerin, die sich in ihren 20-jährigen Lehrling verliebt.

Zu THE GRADUATE (DIE REIFEPRÜFUNG) gibt es viele spannende Hintergrundinformationen, Wikipedia sei Dank. So war der im Film 21-jährige Dustin Hoffman beim Dreh schon 30, während Anne Bancroft erst 36 war. Sie spielt zwar eine „ältere“ Frau von 42, aber in Wahrheit trennten die beiden Liebenden nur 6 Jahre. Auch interessant: Eigentlich sollte Doris Day die Rolle der Mrs. Robinson übernehmen, lehnte aber ab. Und wer hätte gewusst, dass die Beine, auf die Dustin Hoffman auf dem berühmten Filmplakat starrt, nicht Anne Bancrofts, sondern Linda Grays sind, die Jahre später als Sue Ellen in DALLAS berühmt wurde?

Eine ungewöhnliche, leicht rätselhafte Figurenkonstellation

Abgesehen vom Thema „junger Mann liebt ältere Frau“ könnten DIE REIFEPRÜFUNG und WILD WIE DAS MEER unterschiedlicher nicht sein. Vor allem stimmt diesmal der Altersunterschied: Der schnuckelige Félix Lefebvre (bekannt aus François Ozons SOMMER 85) ist erst 23, die wunderbare Cécile de France 48.

Die Handlung ist nicht allzu komplex: Chiara hat ihren Platz in einer kleinen Fischergemeinschaft an der schroffen französischen Atlantikküste gefunden. Aus Liebe zu ihrem Mann Antoine hat sie dessen Beruf erlernt und fährt seit Jahren mit ihm aufs Meer. Als ihr neuer Lehrling Maxence  seine Ausbildung beginnt, fühlt sich Chiara bald zu dem jungen Mann hingezogen. Zwischen den beiden entbrennt eine leidenschaftliche Affäre.

Die eigentlich banale Geschichte vom Ehebruch wird durch eine feinfühlige Inszenierung und die tollen Schauspieler zu etwas Besonderem. Vor allem Cécile de France spielt ihre Rolle mit körperlicher Kraft, weiblicher Sinnlichkeit und sehr viel Charme. Zusammen mit Félix Levebre und Grégoire Monsaingeon als gehörntem Ehemann entsteht so eine ungewöhnliche, leicht rätselhafte Figurenkonstellation, die weit entfernt von üblichen Klischees bleibt. Das Ende dreht die Handlung noch einmal, zeigt Chiara als Frau, die befreit ihren Weg geht. WILD WIE DAS MEER: eine einfache Geschichte, herausragende Schauspieler – schöner Film.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „La passagère“
Frankreich 2022
93 min
Regie Héloïse Pelloquet

alle Bilder © Atlas Film

SOMMER 85

SOMMER 85

1985: Der 16-jährige Alexis (Félix Lefebvre, eine Mischung aus River Phoenix und Milchschnitte) lebt mit seinen Eltern in einem kleinen Küstenort in der Normandie. Als er bei einem Segelausflug mit seiner Jolle kentert, wird er vom gut aussehenden David (Benjamin Voisin) gerettet. Le coup de foudre, wie der Franzose sagen würde – Liebe auf den ersten Blick. Nach ein paar Wochen auf Wolke sieben findet das jugendliche Glück unvermittelt ein dramatisches Ende.

Schon die Anfangsszene macht klar: Es ist etwas Schlimmes passiert. Während Alexis von der Polizei verhört wird, springt die Handlung immer wieder zurück in die Zeit vor dem Unglück. Das ist clever konstruiert, rätselhaft wie ein guter Krimi und fesselt vom ersten Moment an.

80er-Jahre, Sommer, Boy meets boy: Klingt wie „Call me by your name“, nur ohne den creepy Altersunterschied. Wie der italienische Erfolgsfilm von 2017 ist „Sommer 85“ vor allem eine universelle Liebesgeschichte, erst in zweiter Linie geht es um die sexuelle Orientierung der Figuren.

François Ozon war schon immer ein hervorragender Geschichtenerzähler und ein Meister des Zitats. Die Szene, in der David Alexis in einer Disco Kopfhörer aufsetzt, erinnert ganz bewußt an „La Boum“. Kameramann Hichame Alaoui hat stilecht auf 16 mm gedreht, die bittersüße Lovestory von den verliebten Jungs lässt den 80er-Jahre Zeitgeist aufleben, ohne penetrantes Föhnfrisuren-Feeling zu erzeugen. Guter Film.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Été 85“
Frankreich 2020
100 min
Regie François Ozon
Kinostart 08. Juli 2021

alle Bilder © Wild Bunch Germany