FUTUR DREI

Parvis, der Sohn iranischer Einwanderer, lebt am Nabel der Provinz: Hildesheim, Niedersachsen. Er verbummelt sein Leben zwischen Tanzen gehen, jobben und anonymen Grindr-Dates (dem Gay-Equivalent zu Tinder). Als er in einem Flüchtlingsheim Sozialstunden ableisten muss, verliebt er sich in Amon, der mit seiner Schwester aus dem Iran geflüchtet ist. Die drei verbindet bald eine intensive Freundschaft und Beziehung.

Faraz Shariat, Jahrgang 1994, erzählt in seinem Regiedebut „Futur Drei“ von Heimat und Ausgrenzung. Obwohl Parvis’ Familie seit vielen Jahren in Deutschland lebt, hat sie sich nie wirklich integriert. Parvis dagegen fühlt sich deutsch und nicht als Iraner – ein interessanter Zwiespalt. 

Die ersten zwei Drittel des Films sind spannend und geben einen unklischeeigen Einblick in das Leben des jungen Schwulen. Gegen Ende hat der Regisseur beschlossen, dass es „künstlerisch“ werden muss. Die eher wahllos eingestreuten Vignetten hätten für sich genommen ambitionierte Kurzfilme ergeben, doch das zu gewollt Experimentelle fügt sich nicht in die bis dahin präzise und geradlinige Erzählung.

FAZIT

4 Sterne für die Story plus 2 Sterne für die künstlerische Ambition, geteilt durch zwei  = 3 Sterne für „Futur Drei“. No pun intended.

Deutschland 2020
92 min
Regie Faraz Shariat
Kinostart 24. September 2020

Jupiter’s Moon

⭐️⭐️

Der junge Syrer Aryan wird beim illegalen Überqueren der serbisch-ungarischen Grenze angeschossen.
Schwer verletzt, entwickelt er plötzlich die übermenschliche Fähigkeit durch reine Willenskraft zu schweben. Im Flüchtlingslager entdeckt der korrupte Arzt Dr. Stern das Potenzial seines Patienten. Gegen Bezahlung wird der fliegende Junge todkranken Patienten als neues Weltwunder präsentiert. Doch auch die Polizei interessiert sich für den seltsamen Fall.

In erster Linie wirkt der Film wie die Bewerbungsrolle von Regisseur Mundruczó für Hollywood.
Die teilweise real gedrehten Schwebe/Flugszenen sehen dank perfektem wire-removal spektakulär und super realistisch aus. Auch eine von „Inception“ inspirierte Szene, in der sich ein ganzer Raum um die eigene Achse dreht, muss sich vor dem Original nicht verstecken. Das ist visuell meisterhaft. Und die atemberaubende one-take Autoverfolgung kann locker mit „The Fast and the Furious“ oder „Jason Bourne“ mithalten.
Aber der Rest?
Schon der Anfang irritiert. Da ist auf einer Schrifttafel zu lesen, dass auf Europa, einem der Monde des Jupiter, die theoretische Möglichkeit für Leben existiere. Sehr bedeutungsschwanger. Aber dann spielt diese Information in den darauffolgenden zwei Stunden keinerlei Rolle mehr. Oder soll die platte Botschaft „In Europa ist Leben möglich“ sein?
Jupiter’s Moon möchte Stellung beziehen, übernimmt sich aber an der Vielzahl seiner Themen: Flüchtlingskrise, Terrorismus, der Glaube an Gott, Wunder, Schuld, Erlösung, die realpolitischen Zustände im heutigen Ungarn, eine beinahe Vater-Sohn-Beziehung, und, und, und. Dieser bunte Strauß kommt teils als sphärischer Kunstfilm, teils als konventioneller Actionfilm daher.
Handwerklich top, doch was das alles bedeuten soll, bleibt das Geheimnis des Regisseurs.

FAZIT

Poetischer, kunstvoll gedrehter, jedoch ratlos zurücklassender Superheldenfilm.

Ungran/Deutschland, 2017
Regie Kornél Mundruczó
123 min
Kinostart 22. November 2018