Kirschblüten & Dämonen

Doris Dörrie hat einen Gespensterfilm gemacht, der so unheimlich wie ein Hui Buh-Hörspiel ist.
Die Fortsetzung ihres Erfolgsfilms „Kirschblüten – Hanami“ aus dem Jahr 2008 erzählt vom einsamen Alkoholiker Karl (Golo Euler), Sohn des verstorbenen Ehepaars Rudi (Elmar Wepper) und Trudi (Hannelore Elsner) aus dem ersten Teil. Eines Tages klopft die Japanerin Yu (Aya Irizuki) an seine Tür und stellt sich mit den Worten „I am Yu“ vor – Achtung: doppeldeutig! Sie überredet ihn, gemeinsam aufs Land in sein leer stehendes Elternhaus zu fahren. Dort begegnet Karl nicht nur seinen entfremdeten Geschwistern, sondern auch den Geistern der Vergangenheit.
Kirschblüten & Dämonen erinnert an das Videoprojekt einer Selbstfindungs-Theatergruppe. Alles sehr gewollt, teils unfreiwillig komisch und plump inszeniert. Da Karl zum Beispiel immer wieder an seiner Männlichkeit zweifelt, friert ihm irgendwann der Schwanz ab. Feinsinn sieht anders aus. 
Richtig gut wird der Film nur in den Szenen mit der großartigen Birgit Minichmayr. Leider hat die aber nur einen fünf Minuten-Auftritt.

FAZIT

Regisseurin Dörrie und ihr Kameramann Hanno Lentz wollten beim Dreh möglichst frei und spontan reagieren. Aber Freiheit und Spontanität haben ihren Preis. Man muss schon Fan von Gopro-Videolook sein – Kirschblüten & Dämonen sieht wie ein sehr low-budgetiertes Kleines Fernsehspiel aus und atmet den Geist eines bemühten Experimentalfilms.

Deutschland 2019
110 min
Regie Doris Dörrie
Kinostart 7. März 2019

Mary Poppins‘ Rückkehr

London, 30er Jahre: die Wirtschaftskrise drückt aufs Gemüt und auch im Kirschbaumweg Nummer 17 sind die Zeiten alles andere als rosig. Michael Banks ist mittlerweile ein erwachsener Strickjackenträger und muss seine drei Kinder als Witwer alleine großziehen. Nun soll das geliebte Elternhaus gepfändet werden. Um das zu verhindern, müssen er und seine Schwester Jane binnen weniger Tage beweisen, dass sie die rechtmäßigen Besitzer sind. Auftritt: Mary Poppins. Durch die Wolken geschwebt, übernimmt sie kurzerhand noch einmal das Ruder und rettet den Tag.

Mit „Das Dschungelbuch“ kam 2016 eine kongeniale Realverfilmung des Zeichentrickklassikers in die Kinos. Im kommenden Jahr starten Neuauflagen von „Dumbo“, „Aladin“ und „Der König der Löwen“: Disney hat das Recycling entdeckt. Mittlerweile wird das gesamte Portfolio einem Makeover unterzogen, nun also Mary Poppins. Für die Fortsetzung des Chim Chim Cher-ee-Erfolgs von 1964 sind die Erwartungen hoch, das Original hat seinerzeit fünf Oscars gewonnen und machte Julie Andrews zum Weltstar.

Erstmal die gute Nachricht: Der Film sieht toll aus. Die Sets, die Choreografien, die Kostüme – das ist fantasievoll inszeniert und bietet jede Menge perfekt gemachtes Augenfutter. Besonders die quietschbunten Realfilm-Zeichentricksequenzen machen durch ihren retro „handmade“ Look gute Laune. Die Besetzung ist so erlesen wie prominent: Ben Whishaw, Julie Walters, Meryl Streep, Colin Firth. Das Beste an Mary Poppins‘ Rückkehr ist aber ohne Zweifel Emily Blunt. Die überzeugt mit der nötigen Portion Schrägheit und jeder Menge Charme in der Titelrolle des fliegenden Kindermädchens.

Nun die schlechte Nachricht: In Musicals wird gesungen, in diesem besonders viel. Das wäre nicht weiter tragisch, wenn die Songs nicht so banal wären. Lalala, reichlich belanglos plätschert es von einer nichtssagenden Nummer zur nächsten. Da fehlt jegliches Mitsing- oder Ohrwurmpotenzial. Hätten die Macher genauso viel Liebe in die Entwicklung der Songs wie in die visuelle Umsetzung gesteckt, Mary Poppins’ Rückkehr hätte das Zeug zum modernen Klassiker gehabt.

FAZIT

Charmante Fortsetzung, mehr fürs Auge als fürs Ohr.
Die Hälfte der Songs, dafür supercalifragilistig expialigetischer, hätte es auch getan.

USA, 2018 
Regie Rob Marshall 
131 min 
Kinostart 20. Dezember 2018

Halloween

⭐️⭐️

SPOILER ALERT: Michael Myers ermordet auch in dieser Fortsetzung viele Menschen. Wie schon im Original ist Scream-Queen Jamie Lee Curtis mit dabei. Diesmal als „badass“-Großmutter, die den Serienkiller endlich zur Strecke bringen will. Dabei stehen ihr Tochter und Enkeltochter zur Seite, sozusagen als ein weibliches 3-Generationen-Killerkommando.

MACHART

Zurecht bemängelt ein junger Mann im Laufe des Films, dass „die Morde von Michael Myers heute keine große Sache mehr sind“. Leider wahr. In Zeiten wie diesen braucht es schon schwerere Geschütze, um die abgestumpfte Masse zu schocken. Und so tut sich auch diese Fortsetzung des Slasher-Klassikers etwas schwer, den nötigen Thrill zu erzeugen. Zu oft ist mittlerweile das Original von 1978  kopiert und persifliert worden (u.a. Scream).
Immerhin hat der Film eine glaubwürdige Hauptdarstellerin, die mit hässlicher Brille und struppigem Grauhaar mutig zu ihrem Alter steht. Beinahe ungeschminkt, fast schon in Frances McDormand’scher Art, verleiht Jamie Lee Curtis der Rolle die nötige Ernsthaftigkeit. So hat „Halloween“ 2018 dem Genre zwar nichts grundsätzlich Neues hinzuzufügen, nimmt aber wenigstens seine Figuren ernst und schafft so die nötige Fallhöhe, um ein paar nette Schockmomente und ein bisschen Spannung zu erzeugen.

FAZIT

Nicht viel Neues aus Haddonfield. Geht als Retrofilm in Ordnung.

USA, 2018
Regie David Gordon Green
109 min
Kinostart 25. Oktober 2018

Mamma Mia! Here we go again

GUTE LAUNE

Das Sequel und gleichzeitig Prequel zum Erfolgsfilm „Mamma Mia!“ von 2008. Sophie (Amanda Seyfried) hat das Haus ihrer verstorbenen Mutter Donna (Meryl Streep) saniert und in ein Luxushotel umgebaut. Zur Eröffnung soll eine große Party steigen. Dazu versammeln sich noch einmal ihre drei Väter, Sam (Pierce Brosnan), Harry (Colin Firth) und Bill (Stellan Skarsgard) auf der griechischen Insel Kalokairi. Natürlich sind auch „The Dynamos“, Donnas beste Freundinnen Rosie (Julie Walters) und Tanya (Christine Baransky) mit dabei und so kann nach ein paar Problemchen das Fest beginnen. Gekrönt wird das Ganze durch einen Überraschungsbesuch von Sophies Großmutter Ruby (Cher, oder ist es eine animatronische Puppe, die wie Cher aussieht?)

Parallel erzählt der Film in Rückblenden, wie die junge Donna (sehr süß: Lily James) in den 1970er Jahren mit ihren besten Freundinnen (jetzt Alexa Davies und Jessica Keenan Wynn) auf Kalokairi angekommen ist und die drei Väter von Sophie kennengelernt hat.

MACHART

Es gibt zwar keinen zwingenden Grund für diese Fortsetzung, aber was soll’s? Ole Parkers Film ist bunt, fröhlich und manchmal auch schön melancholisch. Die Story ist zwar mehr als dünn, aber das spielt keine Rolle. Schöne Menschen in schöner Umgebung singen schöne Lieder von ABBA. Was kann daran bitte verkehrt sein?

„Mamma Mia! Here we go again“ ist ein Film, in dem weiße Segelschiffe über blaues, glitzerndes Wasser fahren, voll besetzt mit Menschen, die „Dancing Queen“ singen. Noch Fragen? Wem der erste Teil gefallen hat, der wird auch an der Fortsetzung seine Freude haben.

FAZIT

Gut besetzter, unkomplizierter Spaß. Aber bitte die Originalversion anschauen!

UK/USA, 2018
Regie Ol Parker
114 min
Kinostart 19. Juli 2018