Thelma

THELMA – RACHE WAR NIE SÜSSER

Thelma

THELMA – RACHE WAR NIE SÜSSER

Aus dem Weg Tom Cruise, ein neuer Actionstar ist in der Stadt.

Ab 10. Oktober 2024 im Kino

Die Komödie THELMA basiert auf genau einer Idee: Was wäre, wenn die Hauptfigur der MISSION: IMPOSSIBLE-Filme nicht Superspion Ethan Hunt alias Tom Cruise (auch schon 62), sondern eine 94-jährige Großmutter wäre. Das ist zwar originell und würde für einen schönen SNL-Sketch reichen, ob es aber für einen ganzen Film taugt, ist eine andere Frage.

Thelma

Natürlich schon sehr putzig, wenn eine leicht pummelige Oma (wunderbar gespielt von June Squib, 94) einen Schurken jagt, der sie mit dem fiesen Enkeltrick um 10.000 Dollar erleichtert hat. Wie Ethan Hunt wird auch sie bei ihrer (fast) unmöglichen Mission von einem Expertenteam unterstützt. Zum Beispiel von Enkel Daniel (Fred Hechinger), einem lebensuntüchtigen Slacker, dessen Computerkenntnisse aber durchaus nützlich sind. Oder Ben (Richard Roundtree), dem alten Freund aus dem Seniorenstift, der dank motorisiertem Rollstuhl die „Jagd“ überhaupt erst möglich macht.

Thelma

Hübsch wie Regisseur Josh Margolin die sehgewohnte Highspeedaction konsequent in seniorenadäquater Langsamkeit erzählt, das Ganze aber trotzdem mit einem treibenden Score unterlegt. Das ist alles niedlich und wenn man könnte, würde man nach dem Film gleich die eigene Oma anrufen und fragen, wie es ihr geht. Perfekt für einen harmlosen Kinonachmittag – ganz ohne Nervenkitzel, aber mit viel Herz.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Thelma“
USA 2024
99 min
Regie Josh Margolin

Thelma

alle Bilder © Universal Pictures International Germany

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HEAVEN CAN WAIT

HEAVEN CAN WAIT

Ab 12. Oktober 2023 im Kino

Was ist besser als Sterben? Singen zum Beispiel. Eine Gruppe Hamburger Senioren findet ihr spätes Glück in einem Chor.

Ein lauer Sommerabend in Heidelberg. Beim Spaziergang durch den Plöck ist ganz leise, dann immer lauter ein überirdisch klingender Gesang zu hören. „Shallow“, der Hit aus A STAR IS BORN, nicht von Lady Gaga und Bradley Cooper, sondern von einem gemischten Chor gesungen. Ein Moment des Glücks. Sofort will man googeln, ob sich eventuell auch ein Verein in Berlin findet, bei dem man Mitglied werden könnte. Wie so oft – der Moment verfliegt aber vielleicht irgendwann einmal …

Still alive - 2.000 Jahre live on stage

Dass Singen glücklich macht, ist keine neue Erkenntnis. Sogar im hohen Alter sorgt es noch für einen Endorphin-Ausstoß. Bei Europas ältestem Castingchor ist das Mindestalter 70. Nach oben gibt es keine Grenze. Manche der Sängerinnen und Sänger haben schon die 90 hinter sich gelassen. Ein ganz besonderer Chor der Alten, der unter der gut gelaunten Führung von Jan-Christof Scheibe sogar Auftritte im traditionsreichen St. Pauli-Theater absolviert. 

Auf perfekten Gesang kommt es ihm dabei nicht an, vielmehr auf echtes Gefühl. Schöne Töne kann mit Übung jeder treffen, doch es geht dem Chorleiter um mehr – trotz dritter Zähne sollen die jugendlichen Texte glaubhaft transportiert werden. Das Repertoire ist das eines Schülerchors: Songs von Juli, Sido, Jan Delay, Fettes Brot, Deichkind und Udo Lindenberg stehen auf dem Programm.

Sven Halfar stellt in seinem lebensbejahenden und überaus reizenden Film einige der Chorsängerinnen und Sänger vor – privat und auf der Bühne. Seit 10 Jahren gibt es den Gesangsverein. Zur Zeit sind die Hamburger Senioren mit der treffend bezeichneten Show „Still alive – 2.000 Jahre live on stage“ auf Tour. Sollte jemand planen, aus der Geschichte einen Spielfilm zu machen: Gute Idee – nicht nur als ABM für greise Darsteller. Dank geriatrischer Niedlichkeit und Herzenswärme wäre der Erfolg garantiert. Und wegen verblüffender Ähnlichkeit steht eine Rollenbesetzung auch schon fest: Christian Berkel als Chorleiter.

INFOS ZUM FILM

Deutschland 2023
103 min
Regie Sven Halfar

alle Bilder © mindjazz pictures

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WEISST DU NOCH

WEISST DU NOCH

Ab 21. September 2023 im Kino

Schade, wirklich. Sowohl Geschichte als auch Besetzung sind richtig gut. Hätte Rainer Kaufmann seine Dramödie mit weniger flachen TV-Bildern und mutigerem Stil inszeniert, wäre WEISST DU NOCH ein exzellenter Film.

Aus der Ehe von Marianne und Günter ist nach 50 Jahren die Luft raus. Die Kinder sind längst ausgezogen, melden sich nur noch sporadisch. Das Rentnerpaar geht sich gehörig auf den Sack, vor allem die zunehmende Vergesslichkeit wird bei jeder Gelegenheit zum Streitthema. Als Günter zum Hochzeitstag zwei blaue Pillen aus der Tasche zaubert, mit denen angeblich sämtliche Erinnerungen zurückgebracht werden können – wenigstens vorübergehend – ist Marianne skeptisch. Doch die Pille wirkt und die beiden Streithähne begeben sich auf eine versöhnliche Reise in die Vergangenheit.

Ein von vorne bis hinten hell ausgeleuchteter Fernsehfilm

Wir müssen über Inhalt und Form sprechen. Günther Maria Halmer spielt schön muffelig den am Leben vorbeilebenden Stinkstiefel. Und die fabelhafte Senta Berger hat ihr Karriereende extra verschoben, steht für WEISST DU NOCH vielleicht ein letztes Mal vor der Kamera. Die Idee ist originell, das Drehbuch voll bissiger Dialoge. Die dem Leben Zugewandte und der Misanthrop provozieren und sticheln, das sitzt punktgenau, ist ernst und zum Lachen. Hätte also was Großes werden können. Aber warum muss ein deutscher Kinofilm mit solch guten Zutaten so bescheiden aussehen? Zumal es sich um ein Kammerspiel mit nur zwei Personen (plus drei Mini-Nebenrollen) handelt. Also überschaubar, keine teuren Sets, Locations oder gar Special Effects.

Was hätte ein Michael Haneke aus so einem Stoff gemacht? Sicher keinen von vorne bis hinten hell ausgeleuchteten Fernsehfilm. Wahrscheinlich sind Regisseur Rainer Kaufmann und sein Kameramann Martin Farkas unschuldig, denn die ARD Degeto ist Co-Produzentin. Und das sieht man in jeder Einstellung. Nach dem Motto: Das muss den Ü-70-Zuschauern bei der Fernsehauswertung gefallen, bloß keine Experimente. Wieder eine vertane Chance, den deutschen Kinofilm glänzen zu lassen.

INFOS ZUM FILM

Deutschland 2023
91 min
Regie Rainer Kaufmann

alle Bilder © MAJESTIC

Mama Ante Portas

MAMMA ANTE PORTAS

Mama Ante Portas

MAMMA ANTE PORTAS

Ab 25. Mai 2023 im Kino

Rentnerkinder mit greisen Eltern - die neue Normalität

Zum Thema alte Kinder mit noch älteren Eltern schreibt Gabriela Herpel im Süddeutsche Zeitung Magazin: Heute verbringen wir 50 bis 60 gemeinsame Jahre mit unseren Eltern oder einem Elternteil, noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren es 15 bis 20 Jahre. Es ist also eine verdammt lange Beziehung, die wir mit ihnen führen.

Wohl wahr. Dass sich ergraute Rentner mit ihren leicht gebrechlichen, aber immer noch topfitten Eltern beschäftigen müssen, ist heutzutage Normalzustand. Höchste Zeit, einen Film darüber zu machen.

Belanglose Familienkomödie aus Frankreich

Jacqueline ist zwar schon 70, hat aber sehr moderne Probleme: Mit ihrem Verlobten hat sie sich verkracht, ihre Wohnung ist dank fauler Handwerker eine ewige Baustelle. Also zieht sie kurzerhand zu ihrer erwachsenen Tochter Carole und nervt die, wie es nur eine Mutter kann. Die Schale passt nicht zur Kommode, das Essen schmeckt nicht, die Küchenschränke sind falsch eingeräumt und so weiter und so fort. Als dann auch noch die 90-jährige Großmutter auftaucht, bekommt Jacqueline von ihrer eigenen bitteren Medizin zu schmecken.

Ich freue mich über deinen hübschen Anhänger!
Ja, den hat Mutter lange getragen.
Schade, er macht dich so blass …

Ein Dialog wie aus dem Handbuch der Sticheleien. Ausgedacht hat ihn sich Vicco von Bülow 1991 für seinen Film PAPPA ANTE PORTAS. Etikettenschwindel: Von der bitterbösen Genialität des Loriot-Klassikers ist die französische Komödie MAMMA ANTE PORTAS (im Original UN TOUR CHEZ MA FILLE) meilenweit entfernt.

Éric Lavaine vermeidet in seiner Familienaufstellung echte Gemeinheiten, alles bleibt harmlos leicht. Dabei hält das Thema reichlich Konfliktstoff parat. Das hätte ein paar giftigere Dialoge und scharfzüngig ausgetragene Streitereien vertragen, ganz wie im richtigen Leben. Wenn es dann doch mal kracht, ist alles schnell wieder verziehen und die Streithähne liegen sich versöhnt in den Armen. Wer Familienhölle kennt, weiß: so viel Nettigkeit gibt es in der Realität selten. MAMMA ANTE PORTAS vertut seine Chance und bleibt eine unterhaltsame, aber belanglose Komödie.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Un tour chez ma fille“
Frankreich 2021
85 min
Regie Éric Lavaine

alle Bilder © FILMWELT