SICK OF MYSELF

SICK OF MYSELF

Kinostart 23. März 2023

Thomas, der Dieb. So lautet die Überschrift eines Artikels in einer angesagten Kunstzeitschrift. Und genau das ist er: Ein Dieb, der aus geklauten Designermöbeln Kunst macht. Damit hat er Erfolg und das wiederum passt seiner Freundin Signe gar nicht. Sie ist neidisch. Doch Neid macht erfinderisch: Im Internet findet sie dubiose russische Pillen, die als Nebenwirkung schwere Hautirritationen auslösen. Signe schmeißt gleich ganze Packungen davon ein. Ihr Plan geht auf. Sie wird mit Mitleid überschüttet, in den Medien wird von ihrer mysteriösen Krankheit berichtet, und sogar Thomas entschuldigt sich. Aber dann läuft die ohnehin schon schlimme Geschichte komplett aus dem Ruder.

Der Vergleich mit Ruben Östlund drängt sich auf

Eine beißende Gesellschaftssatire aus Skandinavien – da drängt sich der Vergleich mit Ruben Östlund auf, der zuletzt mit TRIANGLE OF SADNESS das Publikum herausgefordert und gespalten hat. Viel gekotzt wird in SICK OF MYSELF (sic!) natürlich auch, denn sich in Filmen übergeben ist das neue Schwarz.

Die Idee ist gut: das um Aufmerksamkeit buhlende Paar, das sich mit immer neuen Sensationen gegenseitig die Butter vom Brot nehmen will. Im Gegensatz zu Östlund bleiben die Figuren in SYK PIKE („Krankes Mädchen“, so der Originaltitel) allerdings durchweg unsympathisch. Das erschwert das Mitleiden. Borgli zeichnet ein vernichtendes Bild von einer zunehmend egozentrischen Gesellschaft. Ein Superlativ kann SICK OF MYSELF schon mal für sich beanspruchen: Es ist mit Sicherheit die unromantischste Komödie des Jahres.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Syk Pike“
Norwegen 2022
95 min
Regie Kristoffer Borgli

alle Bilder © MFA+

TRIANGLE OF SADNESS

Kinostart 13. Oktober 2022

Man nehme eine bunt zusammengewürfelte Crew aus Neureichen, Gutgebauten und Unter-Deck-Malochern, schüttle das Ganze bei einem Wirbelsturm ordentlich durch und erhalte einen überlangen Überlebensfilm.

Wobei der Titel „Triangle of Sadness“ keineswegs die europäische Entsprechung des Bermuda-Dreiecks ist, sondern ein Ausdruck der Schönheitschirurgie für das Botox-Areal zwischen den Augen. Plastisch wird es spätestens dann, wenn selbst dem Fäkalprofi beim Absaufen des Alptraumschiffs das Würgen kommt und man die Tüte am Vordersitz sucht.

Für die wenigen Schiffbrüchigen verkehrt sich im letzten Drittel auf einer rettenden Insel die bisherige hierarchische Ordnung: Die patente Klofrau (Dolly De Leon) wird zur Herrin der Fliegen, die das Männermodel (Harris Dickinson) mit Salzstangen gefügig macht und das Kommando über alle (u.a. Charlbi Dean, Iris Berben) schamlos genießt.

Fünf Jahre nach „The Square“ versucht Regisseur Ruben Östlund an seine schräge Kunstsatire anzuknüpfen, das Ergebnis ist eine slapstickartige Dramödie mit altbekannten Stereotypen und demokratisch verteilter Häme. Zugegebenermaßen auch mit einer wirklich wortwitzigen Szene, in der sich der ewig betrunkene marxistische Kapitän des Luxusliners (Woody Harrelson) ein ideologisches Rededuell mit einem ebenso besoffenen russischen Oligarchen (Zlatko Burić) liefert.

Warum ausgerechnet „Triangle of Sadness“ erneut die Goldene Palme von Cannes gewann, ist allenfalls durch freiwillige Selbstverpflichtung der Jury für selbsternannte Gesellschaftskritik zu erklären. Wirklich bedauerlich ist jedoch der frühe Tod von Hauptdarstellerin Charlbi Dean, der sympathischsten Figur des Films, die im August unerwartet mit 32 Jahren verstarb.

Anja Besch

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Triangle of Sadness“
Schweden, Deutschland, Frankreich, Großbritannien 2022
147 min
Regie Ruben Östlund

alle Bilder © Alamode Film