CONCERNED CITIZEN

CONCERNED CITIZEN

Kinostart 02. Februar 2023

Früher trugen sie Kittelschürzen und lagen mit Kissen im Fenster. Gleicher Inhalt, neue Verpackung: Heute sehen die neugierigen Nachbarn um einiges moderner aus. Zum Beispiel so wie Ben und Raz. Das schwule Paar hat gut bezahlte Jobs und wohnt in einem angesagten, von Migration geprägten Stadtteil Tel Avivs. Während sich die beiden auf dem Designersofa durch Fotos von potenziellen Leihmüttern klicken, werden auf der Straße Flüchtlinge von Polizisten zusammengeschlagen.

Eine zynische „White-Guilt-Trip“-Komödie

Seit vierzig Jahren kommt der Wedding. Sagt man. Ähnlich ewig vielversprechende Kieze gibt es offenbar auch in Tel Aviv. „In ein paar Jahren werden Sie das Viertel nicht mehr wiedererkennen“, versichert der Makler ein ums andere Mal. Doch Ben ist zusehends genervt und will weg. Ein Gefühl, das jeder Berliner nach der siebzigsten Graffiti Attacke auf die heimische Hauswand versteht.

Eine kleine Unachtsamkeit löst in Idan Haguels Film eine Kette von Ereignissen aus. Bens Weltbild gerät durch die brutale Realität ins Wanken. Von schlechtem Gewissen gequält, versucht er Wiedergutmachung. Regisseur Idan Haguel sagt, „Man kann den Fim als eine zynische „White-Guilt-Trip“-Komödie bezeichnen“ – oder als eine clevere Satire auf Gentrifizierung und die alltäglichen Probleme des Cis-Manns von heute.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Concerned Citizen“
Israel 2021
82 min
Regie Idan Haguel

alle Bilder © Salzgeber

A-HA: THE MOVIE

A-HA: THE MOVIE

Fans müssen jetzt ganz tapfer sein: Obwohl der hochtrabende Titel klingt, als handele es sich um ein inszeniertes Biopic à la „Bohemian Rhapsody“ ist „a-ha: The Movie“ doch nur ein konventioneller Dokumentarfilm.

Thomas Robsahm und Aslaug Holm reihen die Stationen des Werdegangs der norwegischen Band brav und visuell eher ideenlos aneinander: Schülerband. Hungrig und mittellos in der Großstadt. Erste Flops. Durchbruch. Internationaler Erfolg. Streit. Auflösung. Reunion. Auflösung. Reunion.

Einst für ihre bahnbrechenden Videoclips gefeiert, leben a-ha heute davon, mit ihren zahlreichen Hits auf Tour zu gehen oder ein drölftes Best-of-Album zu veröffentlichen. Kaum jemand hat schon so oft eine „Final Tour“ angekündigt wie a-ha – außer vielleicht Roland „Lungenflügel“ Kaiser oder Howard Carpendale.

Morten Harket, Magne Furuholmen und Pål Waaktaar-Savoy scheinen auch nach 40 Jahren noch im Selbstfindungsprozess zu stecken. Die Konflikte innerhalb der Band sind bis heute nicht beigelegt, oder wie es Lauren Savoy, die Ehefrau von Pål formuliert: „Die drei brauchen eine Psychotherapie. Jeder für sich und gemeinsam als Band.“

„Fuck Fame“, stellt Morten gegen Ende des Films lakonisch fest. Die Antwort auf die Frage, weshalb die Band weiter tourt, obwohl sie sich seit Jahren weigert, gemeinsam in ein Plattenstudio zu gehen, lässt der Film offen ($). a-ha haben zwar zahlreiche Hits veröffentlicht, sind aber bis heute ihren Fans das eine perfekte Album schuldig geblieben. Man möchte sie gerne schütteln, die ganzen kleinlichen Streitereien, wer was zu welchem Song beigetragen hat, vergessen lassen. Die einzige norwegische Band, die es zu Weltruhm gebracht hat, sollte lieber noch mal einen neuen Cinemascopesong veröffentlichen, statt sich weiter beleidigt anzuzicken.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „a-ha – The Movie“
Norwegen / Deutschland 2021
108 min
Regie Thomas Robsahm & Aslaug Holm
Kinostart 14. September 2021

alle Bilder © Edition Salzgeber

PORT AUTHORITY

In Berlin-Kreuzberg werden Kurse angeboten, FAZ und SPIEGEL schreiben darüber: Der von Madonna berühmt gemachte Tanzstil „Vogue“ hat es ins Jahr 2020 geschafft. Spätestens seit der preisgekrönten Netflix-Serie „Pose“ feiert der Ende der 1970er-Jahre in New York entstandene Ausdruckstanz mit attitude ein Comeback.

Wye und ihre Freunde striken the pose vor dem Busbahnhof Port Authority in Manhattan. Paul, der einem unglücklichen Leben in Pittsburgh entflohen ist, schaut zu und schockverliebt sich in die junge Schwarze. Weil er vom Land kommt, merkt er nicht, dass seine Angebetete trans ist. Die maskuline Stimmlage oder ihr wildes Leben in der LGBTQ-Subkultur hätten Hinweise sein können, aber Liebe macht bekanntlich blind. Nur ein paar Lügen und Missverständnisse später taucht Paul an der Seite seiner neuen Freundin in die glitzernde Welt der Ballroom-Community ein.

So richtig zünden will die Lovestory zwischen der schillernden, selbstbewussten Transgender-Frau und dem stoischen Looser-Boy aus der Provinz nicht. Das Drehbuch holpert stellenweise heftig, und ob das Schauspiel der Darsteller authentisch oder hölzern ist, liegt im Auge des Betrachters.
Ansonsten ist „Port Authority“ ein stimmungsvoller, etwas düsterer (auch was die Belichtung angeht) New York-Film – kann man sich anschauen.

FAZIT

Der von Martin Scorsese mitproduzierte Cannes-Beitrag 2019 teilt das Schicksal vieler Filme in diesem Annus Horribilis und erscheint nur als VoD.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Port Authority“
OmU
USA 2019
101 min
Regie Danielle Lessovitz
ab 17. Dezember als VoD erhältlich

alle Bilder © Edition Salzgeber