DER NACHNAME

Kinostart 20. Oktober 2022

Früher war alles besser. Nein, ehrlich: Früher war wirklich alles besser. Zum Beispiel „Das Traumschiff“. Bevor das tätowierte Skelett Kapitän wurde und seine aus dem Reiseführer abgelesenen Texte mit rollendem R ins Bordmikro rülpste, gab es mal gestandene, weißhaarige Männer, die die MS Deutschland mit sicherer Hand durch alle Untiefen deutscher Fernsehunterhaltung führten. Vorbei. Spätestens mit dem Tod von Heide Keller (hat auch bei den Drehbüchern mitgeholfen) ging alle Hoffnung fahren, der marode Kahn könnte jemals wieder eine Handbreit Wasser unterm Kiel bekommen. Nicht einmal Sascha „Softsex“ Hehn hatte „Lust“ weiterzumachen.

Im Gegensatz zu den aktuellen Traumschiff-Machern weiß Sönke Wortmann ganz genau, was deutsche Zuschauer wünschen: Schöne Häuser in schönen Landschaften, von schönen Menschen bewohnt, die sich pointierte Dialogduelle liefern. Fürs gute Aussehen sind Iris „Dorian Grey“ Berben, Florian David Fitz und Janina Uhse zuständig. Für Witz und Intellekt sorgen der stets zuverlässig zynische Christoph Maria Herbst, Caroline Peters und Justus von Dohnányi. Eine Besetzung, wie sie einer guten Traumschiff-Folge würdig wäre. Und wie bei der ZDF-Serie sind auch bei „Der Nachname“ die Lösungen aller Probleme schon zwanzig Drehbuchseiten vorher zu erkennen. Macht aber nix, denn wenn man weiß, wie eine Geschichte weitergeht, kann das mitunter eine meditative Wirkung entfalten.

Wie es sich für einen guten Fernseh– Kinofilm gehört, gibt es zu Beginn erst mal eine kurze „Was bisher geschah“-Sequenz (der erste Teil „Der Vorname“ war 2018 überaus erfolgreich), um direkt danach den klassischen „Zweiter-Teil“-Drehbuchkniff anzuwenden, nämlich das Verlegen der Handlung in ein fernes Land. Im Gegensatz zur missglückten „Sex and the City 2“-Abu-Dhabisierung gelingt der Locationwechsel bei „Der Nachname“ problemlos, denn im Grunde macht es keinen Unterschied, ob die unterhaltsame Geschichte um kleinere und größere Familienstreitigkeiten auf Lanzarote oder in München spielt.

„Der Nachname“ – eine nette Komödie im besten Sinne.

INFOS ZUM FILM

Deutschland 2021
91 min
Regie Sönke Wortmann

alle Bilder © Constantin Film

EINGESCHLOSSENE GESELLSCHAFT

EINGESCHLOSSENE GESELLSCHAFT

Kinostart 14. April 2022

Sönke Wortmann ist Deutschlands fleißigster Komödienregisseur. Nach „Der Vorname“, „Contra“ und demnächst „Der Nachname“ kommt jetzt „Eingeschlossene Gesellschaft“ in die Kinos. Bei der eingeschlossenen Gesellschaft handelt es sich um sechs Lehrer, die von einem genervten Vater unter Waffengewalt gezwungen werden, die seiner Meinung nach ungerechte Benotung seines Sohns zu überdenken. Dem Junior fehlt genau ein Punkt, um sich fürs Abi zu qualifizieren.

Solcherart Ensemblefilme leben von Klischees. Das war bei den Schülern in „Fack ju Göhte“ so und ist bei den Lehrern nicht anders. Florian David Fitz spielt den dauerjugendlichen Sportlehrer, Anke Engelke die verbitterte Hexe, Justus von Dohnanyi den überkorrekten, humorlosen Pauker, Nilam Farooq die junge, selbstbewußte Referendarin und so weiter. Die Figurenzeichnung hat sich da seit Opas Kino aus den 1960er-Jahren nicht groß weiterentwickelt. Fragt sich nur: Gibt es so was heutzutage wirklich noch? Und wenn ja, wo? Möglicherweise hat Sönke Wortmann (Jahrgang 1957) seine eigenen traumatischen Schulerinnerungen aufgearbeitet. 

Ein bisschen zu simpel auch die Rollenverteilung: Die Jungen sind modern, die Älteren sind verknöcherte Despoten, die nicht mal wissen, dass es HipHop und nicht HipHip oder HopHop heißt. Na ja. Trotzdem findet der Film immer wieder den richtigen Ton. Denn er stellt die richtigen Fragen: Wer entscheidet da eigentlich über die Zukunft unserer Kinder? Sind Lehrer nicht genauso fehlbar wie der Rest der Menschheit? So entwickelt sich die Geschichte zwischendurch fast zum brechtschen Drama, wenn über Wohl und Wehe eines Schülers gerichtet wird. „Eingeschlossene Gesellschaft“: eine gelungene Mischung aus Ulk und Ernsthaftigkeit.

INFOS ZUM FILM

Deutschland 2022
101 min
Regie Sönke Wortmann

alle Bilder © Leonine

CONTRA

CONTRA

Warum sind deutsche Komödien oft so schlecht? In 99,9 % der Fälle ist das Drehbuch schuld an der Misere. Die Lösung: Einfach eine bereits erprobte Idee kaufen, sie für den hiesigen Markt adaptieren und neu verfilmen. So geschehen bei der Elyas-M’Barek-Komödie „Das perfekte Geheimnis“, mit 5 Millionen Besuchern einer der erfolgreichsten Kinofilme 2019. Sönke Wortmanns Dramödie „Contra“ wurde nach dem gleichen Rezept produziert, das Original lief als „Le Brio“ in den französischen Kinos.

Professor Richard Pohl (Christoph Maria Herbst) ist auf den ersten (und zweiten) Blick ein richtiges Arschloch. Nachdem er die Jura-Studentin Naima Hamid (Nilam Farooq) in einem voll besetzten Hörsaal beleidigt hat und eine Videoaufnahme davon viral gegangen ist, droht er von der Uni zu fliegen. Doch der Universitätspräsident gibt ihm eine letzte Chance: Als ihr Mentor soll er Naima auf einen Debattierwettbewerb vorbereiten. Das Arrangement ist für beide zunächst eine Zumutung.

Wortmann erzählt die Aufsteiger-Geschichte mit allerlei überraschenden Haken und Wendungen. Die eleganten Dialoge sind gespickt mit schönen Boshaftigkeiten und frei von Political Correctness. Herbst und Farooq bei ihren scharfzüngigen Streitgesprächen zuzuhören, macht großen Spaß. Nur im Mittelteil hängt der Film ein bisschen durch, da geht das ungleiche Paar auf Deutschlandtournee – die Debattierwettbewerbe finden übers ganze Land verteilt statt. Es reiht sich eine Zugfahrt-Szene an die nächste. Fast könnte man meinen, die Deutsche Bahn sei Produzentin des Films. Wundern würde es nicht, schließlich bekannte Wortmann schon 1999 in einem Werbespot für das Unternehmen: „Warum ich Bahn fahre? Da laufen einfach die besten Filme.“

INFOS ZUM FILM

Deutschland 2020
104 min
Regie Sönke Wortmann
Kinostart 28. Oktober 2021

alle Bilder © Constantin Film