DIE TÄUSCHUNG

Kinostart 26. Mai 2022

„Die Täuschung“ hat im Original den schön schrulligen Titel „Operation Mincemeat“. Mincemeat? Klingt widerlich, ist es auch. Wikipedia weiß: „Mincemeat ist eine Mischung aus klein gehacktem Trockenobst, Weinbrand und Gewürzen, die manchmal auch Rindernierenfett, Rindfleisch und Wildbret enthält.“ Ja, das hört sich nicht besonders lecker an. Aber warum sollte eine Aktion, bei der eine verweste Wasserleiche die Hauptrolle spielt, auch einen appetitlichen Namen haben?

Während des Zweiten Weltkriegs entwickeln die beiden Geheimdienstoffiziere Ewen Montagu und Charles Cholmondeley einen raffinierten Plan:  Ein an der spanischen Küste angeschwemmter Toter soll „geheime“ Dokumente bei sich tragen, in denen ein bevorstehender Angriff der Alliierten über Griechenland erwähnt wird. Die Papiere sollen den Nazis in die Hände gelangen, um vom tatsächlichen Angriffsort Sizilien abzulenken und so die Deutschen auf die falsche Fährte zu locken.

Der Spaß an diesem wahnwitzigen Täuschungsmanöver ist die Vorbereitung: Der Tote wird aufwendig mit einer erfundenen Biografie ausgestattet, Fotos und Briefe von seiner nicht existenten Freundin stecken in der Innentasche seines Jacketts. Wenn die schon sehr mitgenommene Leiche in Uniform für ein Passfotoshooting in Pose gesetzt wird, dann hat das „Weekend with Bernie“-Qualität. Die Top Secret Unterlagen, die unbedingt in die Hände der Deutschen gelangen sollen, werden wasserdicht in einer Aktentasche verstaut, die dem Toten ans faulige Handgelenk gekettet wird. Dass der in Wahrheit ein depressiver Selbstmörder war, der sich Wochen zuvor mit Rattengift umgebracht hatte, muss natürlich unter allen Umständen geheim bleiben.

Was soll da schon schief gehen? Ein feist produzierter britischer Spionagethriller, based on a true story – und dann noch mit Colin Firth in der Hauptrolle. „Die Täuschung“ ist angenehm altmodische, perfekt gemachte Kino-Unterhaltung.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Operation Mincemeat“
GB 2021
128 min
Regie John Madden

alle Bilder © Warner Bros.

DER SPION

DER SPION

Chruschtschow ist auf Krawall gebürstet: Der sowjetische Präsident plant, Atomwaffen auf Kuba zu stationieren, um so dem Erzfeind USA auf die Pelle zu rücken. Vor dem Hintergrund der Krise von 1962 erzählt „Der Spion“ die wahre Geschichte des britischen Geschäftsmannes Greville Wynne (Benedict Cumberbatch), der sich auf Geheiß des britischen MI-6 und einer CIA-Agentin (Rachel Brosnahan) auf eine gefährliche Mission in Moskau einlässt. Dort soll ihm der sowjetische Offizier Oleg Penkovsky (Merab Ninidze) brisante Informationen liefern, die eine nukleare Konfrontation verhindern könnten.

Die Codes erklären sich von selbst: Der Osten ist grau, der Westen bunt. Im Osten sind die Menschen mürrisch, im Westen warmherzig. Die gelernten Klischees machen „Der Spion“ zu just another spy movie, immerhin zu einem gut aussehenden. Mit seinen ästhetischen 60er-Jahre Settings und der stimmigen Ausstattung (inklusive dauerrauchenden Protagonisten) erscheint Dominic Cookes Film wie eine Coffee Table Book-Version aller bekannten Kalte-Kriegs-Spionagefilme. Leider ist bei all der Ästhetik die Spannung auf der Strecke geblieben.

Obwohl die Besetzung top ist, bleiben die Figuren eindimensional. Greville Wayne ist angeblich ein harter Trinker, der auch einem Seitensprung nicht abgeneigt ist, doch Cumberbatch spielt den behauptet wilden Playboy-Spion als einen äußerst normalen Familienvater ohne besondere Eigenschaften. Rachel Brosnahan (als CIA-Agentin) ist zwar immer gerne gesehen, schafft es aber nicht, ihre Marvelous Mrs. Maisel abzulegen. Es ist fast irritierend, dass sie während des gesamten Films keinen einzigen zotigen One-Liner raushaut.

Zu oft verliert sich der Agententhriller in Montagesequenzen, die Oleg Penkovsky beim Abfotografieren von geheimen Dokumenten, der Übergabe der Mikrofilme an seinen britischen Mittelsmann und die anschließend besorgte Auswertung der Bilder im Westen zeigen. Das ist nur leidlich spannend, das hat man schon zu oft gesehen. Richtig interessant wird es erst im letzten Drittel, bis dahin bleibt der Film eine blasse Version von Spielbergs „Bridge of Spies“.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „The Courier“
GB 2020
110 min
Regie Dominic Cooke
Kinostart 01. Juli 2021

alle Bilder © TELEPOOL

Mission: Impossible - Fallout

Mission: Impossible – Fallout

MISSION ACCOMPLISHED

SPOILER:  Ethan Hunt und sein Team retten auch diesmal die Welt.

Und wie sie das tun! Tom Cruise und Regisseur Christopher McQuarrie haben mit „Mission: Impossible – Fallout“ nochmal einen draufgesetzt. Schön selbstironisch – und trotz 2,5 Stunden Laufzeit keine Sekunde langweilig.

Schon unsere Großeltern wussten: Tom Cruise altert nicht. „Kaum zu glauben, dass der 56-Jährige seine Stunts immer noch selbst macht“ (©BUNTE+GALA). Für den neuen Film hat er nun jedenfalls das Helikopterfliegen gelernt. Also keine Ermüdungserscheinungen in Sicht, ganz im Gegenteil. „M: I – Fallout“ ist der vielleicht gelungenste Teil der Spionagefilmreihe. Wie immer spielt die Story nur eine Nebenrolle, hier geht es in erster Linie um Action und Thrill. Und davon gibt’s reichlich. Allein wegen der fulminanten Verfolgungsjagden quer durch Paris lohnt sich das Anschauen. Das sieht alles extrem echt und gefährlich aus. Nie hat man das Gefühl, die Bilder seien zu Tode manipuliert oder gar komplett im Computer entstanden. Regie und Drehbuch sind straff und auf den Punkt; schließlich ist McQuarrie der einzige Regisseur, der nach „M: I – Rogue Nation“ noch einen weiteren Teil des Franchise inszenieren durfte. Er weiß also, wie’s geht.

FAZIT

Keiner rennt so schön wie Tom. Fast schon beruhigend zu hören, dass er sich bei den Dreharbeiten den Knöchel verletzt hat. Er scheint also doch aus Fleisch und Blut zu sein.

„M: I – Fallout“ ist der bisher beste „klassische“ Actionfilm in diesem Jahr – perfekte Unterhaltung ohne Zeit zum Durchatmen. 007, die Latte liegt hoch.

USA 2018
Regie Christopher McQuarrie
147 min
Kinostart 02. August 2018