BIS WIR TOT SIND ODER FREI

BIS WIR TOT SIND ODER FREI

Kinostart 31. März 2022

Otto Schily und Hans-Christian Ströbele: Zwei Anwälte, die in den 1980er-Jahren den Gerichtssaal als politische Bühne nutzen, um ihrer Sache die gewünschte mediale Aufmerksamkeit zu verschaffen. Anwältin Barbara Hug will ihren Vorbildern nacheifern und mit den gleichen Mitteln das rückständige Schweizer Justizsystem umkrempeln. Ihre Klientel sind hauptsächlich Linksautonome, die bei Demos in Polizeigewahrsam genommen werden. Nun sucht der Berufskriminelle Walter Stürm ihre Hilfe. Nach zahlreichen Straftaten und wiederholten Ausbrüchen sitzt er in Isolationshaft. Die Anwältin und der Ganove: Da treffen zwei unterschiedliche Charaktere aufeinander, die der Wunsch nach Freiheit eint. Während es Hug eher um die theoretische Auslegung des Begriffs geht, ist für Stürm Freiheit etwas Greifbares, Konkretes: Er will sich keine Vorschriften machen lassen, will sich von den Fesseln seiner beengten bürgerlichen Herkunft befreien.

Kaum vorstellbar, dass das Leben in einem Schweizer Knast so hart sein soll. Ausgerechnet im Ursprungsort der Genfer Konventionen. Tatsächlich hat Amnesty International das Chuchichäschtli-Land in den 1980er-Jahren wegen Verletzung der Rechte von Gefangenen angeprangert. Schlimmer gehts immer – „Bis wir tot sind oder frei“ ist ein echter Problemfilm: Vater-Sohn-Konflikte, lieblose Eltern, Straßenkampf, kaputte Nieren, unerfüllte Liebe, brutaler Polizeistaat, Morphiumsucht, das Schweinesystem ganz allgemein, alte Faschisten gegen junge Revoluzzer, Waffenhandel – stöhn, es ist für jeden was dabei.

Die Geschichte beruht zwar auf wahren Begebenheiten, doch in der Nacherzählung von Regisseur Oliver Rihs finden sich wenig wahrhaftige Momente. An den Schauspielern liegt es nicht, vor allem Marie Leuenberger überzeugt als körperliches und seelisches Wrack, das sich zwischen Dialyse und Klassenkampf aufreibt. Mal von den zahllosen schlechten Perücken abgesehen und allerhand Fehlern in der Ausstattung (der Film spielt zwischen 1980 und 1999), killt vor allem die deutsche Synchronisation jede Authentizität. Ein Original im Schwyzerdütsch mit Untertiteln mag eine ganz andere Kraft und Wirkung entfalten, man weiß es nicht. Tipp vom Fachmann: Flug nach Zürich buchen, dort ins Kino gehen, danach ein schönes Käsefondue genießen.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Stürm: Bis wir tot sind oder frei“
Schweiz / Deutschland 2020
118 min
Regie Oliver Rihs

alle Bilder © Port au Prince