ROTER HIMMEL

ROTER HIMMEL

Ab 20. April 2023 im Kino

Der neue Petzold - nur auf den ersten Blick eine leichte Komödie

Die Berlinale 2023 war mal wieder ein durchwachsenes Vergnügen. Doch Christian Petzold sei Dank, gab es mit ROTER HIMMEL einen deutschen Beitrag, der mehr als nur okay war. Im extra trüben Wettbewerb leuchtete sein Film besonders hell. 

Bei der Berlinale gewann Petzolds Film den Großen Preis der Jury

Zwei Freunde, der eine Fotograf, der andere Schriftsteller, machen ein paar Tage Urlaub an der Ostsee. In ihrem Ferienhaus treffen sie Nadja, die sich nachts mit Devid (im Osten gab es nicht nur Maiks), dem örtlichen Rettungsschwimmer vergnügt. Vier junge Menschen, von denen drei Spaß haben, nur Leon, der Schriftsteller, quält sich. Die gute Laune der anderen lässt ihn immer mürrischer werden, zumal ihm sein Verleger im Nacken sitzt. Es ist Sommer, um das Haus herum brennt der Wald, der Himmel färbt sich rot, bald regnet es Asche.

ROTER HIMMEL ist der zweite Teil einer Trilogie. Wie schon in UNDINE platziert Petzold moderne Charaktere in ein märchenhaftes Setting. Diesmal ins deutscheste aller deutschen Märchensettings: den Wald. Die Symbolik des alles verschlingenden Feuers für die lodernden Gefühle der vier jungen Menschen erdrückt dabei nicht. Das vielschichtige Drama wechselt meisterhaft von leichter Komödie zu tiefgründiger Tragödie. Dazu eine ausgezeichnete Besetzung, vor allem Paula Beer als lebensfrohe Nadja und Thomas Schubert als miesepetriger Leon. Bei der Berlinale gewann Petzolds Film den Großen Preis der Jury.

INFOS ZUM FILM

Deutschland 2023
102 min
Regie Christian Petzold

alle Bilder © Piffl Medien

UNDINE

Die gute Nachricht: am 2. Juli machen die Kinos wieder auf!
Die schlechte: „Die Känguru-Chroniken“ feiern ihren re-release. So unoriginell wie der neue Titel “Die Känguru-Chroniken Reloaded”, so unoriginell ist die Idee, dem Film eine 3D-Einstellung hinzuzufügen. Framerate warnte bereits im März mit einem Stern vor der einfältigen Klamotte.

Ein um einiges intelligenteres Kinoerlebnis bietet der neue Film von Christian Petzold.
Undine (Paula Beer) lebt in Berlin, arbeitet als Stadthistorikerin. Als ihr Freund Johannes (Jacob Matschenz) mit ihr Schluss macht, teilt sie ihm lakonisch mit, dass sie ihn nun töten müsse. Kurz darauf 
begegnet sie dem Industrietaucher Christoph (Franz Rogowski), die beiden verlieben sich Hals über Kopf.

Undine ist eine mythologische Figur, eine Nymphe, die mit ihrem Gesang die Männer verzaubert. Eine Seele erlangt sie nur, wenn sie sich mit einem Menschen vermählt. Der Haken an der Sache: Untreue Gatten bringt sie um.

Christian Petzold dichtet den Mythos von der geheimnisvollen Wasserfrau zum modernen Märchen im heutigen Berlin um. Das funktioniert über weite Strecken erstaunlich gut. Der Film hat zugleich etwas Traumhaftes und Realistisches. Paula Beer verleiht der Figur Undine mit wassergewellten Locken eine rätselhafte Aura. Und keiner kann so überzeugend den leicht tumben und gleichzeitig sensiblen Arbeiter spielen wie Franz Rogowski.

“Undine” ist ein hintergründiger, aber seltsam spröder Liebesfilm. Insgesamt eher eine zarte Fingerübung, ein nicht uninteressantes Experiment.

FAZIT

Der etwas andere Berlinfilm. Paula Beer gewann den silbernen Bären für die beste weibliche Hauptrolle bei der diesjährigen Berlinale.

Deutschland 2020
90 min
Regie Christian Petzold 
Kinostart 02. Juli 2020

Werk ohne Autor

★★★★

Elisabeth (Saskia Rosendahl) liebt ihren kleinen Neffen Kurt über alles. Doch die unkonventionelle junge Frau lebt in gefährlichen Zeiten. Während des Nationalsozialismus wird sie als schizophren diagnostiziert und später in einer Anstalt vergast. Die Folgen dieses grausamen Verbrechens begleiten Kurt (Tom Schilling) ein Leben lang.

Als junger Mann beginnt er nach dem Ende des 2. Weltkriegs eine Ausbildung an der Kunsthochschule Dresden. Hier trifft er auf Ellie (Paula Beer), die beiden verlieben sich. Ellies Vater (Sebastian Koch) ist Professor Seeband, ein erfolgreicher Arzt und früherer Nazioffizier, dessen Geschichte unheilvoll mit Kurts Schicksal verknüpft ist. Nach dem Studium in der DDR wird Kurt zunächst Auftragskünstler für sozialistischen Realismus. Kurz vor Mauerbau flieht er mit Ellie in die BRD. Im Düsseldorf der 60er und frühen 70er Jahre beginnt sein Aufstieg zu einem der bekanntesten Maler seiner Generation. „Werk ohne Autor“ basiert lose auf der Lebensgeschichte des Künstlers Gerhard Richter.

MACHART

Ja, schon wieder eine Künstlerbiografie. Aber was für eine: „Werk ohne Autor“ ist zwar stellenweise grandioser Kitsch, aber auch großes, packendes Kino geworden. Mit seinem dritten Spielfilm wollte Oscarpreisträger Florian Henckel von Donnersmarck keine kleinen Brötchen backen. Sex, Liebe, Kunst, Gewalt, Verbrechen, Wahnsinn, Nationalsozialismus, Krieg, deutsch-deutsche Geschichte. Das alles hat der Regisseur in sein episches, 188 Minuten langes Rehabilitationswerk gesteckt.

Ausstattung und Inszenierung bewegen sich auf höchstem Niveau. Tom Schilling, Paula Beer, Oliver Mascuti, Hanno Koffler, Lars Eidinger, Ben Becker, und, und, und. Die Schauspieler sind erste Garde und durchweg hervorragend, werden aber alle von Sebastian Koch als Professor Carl Seeband überragt. So viel Lob, da muss es natürlich auch einen Wermutstropfen geben. Und das ist überraschenderweise der Score von Max Richter. Besonders bei den eigentlich leisen, emotionalen Szenen drängt sich die Musik viel zu sehr in den Vordergrund und erzeugt so das Gegenteil von echten Gefühlen.

FAZIT

Der Künstler schnackselt gerne und oft. Das ist beneidenswert, muss aber nicht zwingend unentwegt gezeigt werden. Die Hälfte an Sexszenen hätte es auch getan.

“Werk ohne Autor” hat keine Angst vor großen Gefühlen: drei Epochen deutscher Geschichte – mitreißend und bewegend erzählt.  Eine Hommage an die Kraft der Kunst. Empfehlenswert.

Deutschland, 2018
Regie Florian Henckel von Donnersmarck
188 min
Kinostart, pünktlich zum Tag der deutschen Einheit, am 3. Oktober 2018