DIE TRIBUTE VON PANEM – THE BALLAD OF SONGBIRDS & SNAKES

DIE TRIBUTE VON PANEM – THE BALLAD OF SONGBIRDS & SNAKES

Ab 16. November 2023 im Kino

Und noch eine Fortsetzung: Das Prequel zu einer Trilogie, die schon in vier Teile zerdehnt war. Hat die Menschheit wirklich auf die Vorgeschichte zu den Hunger Games gewartet?

Erstmal: dett is nich meen Berlin! Wieso Berlin? Als es den Babelsberger Filmstudios noch gut ging und diverse Streiks nicht die halbe Industrie lahmlegten, wurde die US-Produktion DIE TRIBUTE VON PANEM – THE BALLAD OF SONGBIRDS & SNAKES zu großen Teilen in der deutschen Hauptstadt gedreht – und das sieht man. Szenenbildner Uli Hanisch hat vom Olympiastadion über den Strausberger Platz bis zum Krematorium Baumschulenweg (werden da eigentlich auch noch Bestattungen durchgeführt oder nur noch Filme gedreht?) diverse Motive in beeindruckende Endzeit-Settings umgebaut. So macht der Film vor allem Berlinern Laune beim heiteren Locationraten.

Fühlt sich wie die komplette Staffel einer Serie an

Basierend auf der Bestseller-Reihe von Suzanne Collins werden „Die Tribute von Panem“-Kinofilme weiter ausgeschlachtet. Nachdem Regisseur Lawrence kürzlich selbst zugab, dass das Splitten des dritten Films in zwei Teile „ein schwerer Fehler“ gewesen sei, geht es nun mit dem fünften beziehungsweise ersten Prequel-Teil weiter. Die Vorgeschichte der gefürchteten Hungerspiele stellt den jungen Coriolanus (Tom Blyth) in den Mittelpunkt, lange bevor er zum Präsidenten von Panem wird (in Teil eins bis vier von Donald Sutherland gespielt). Als Sprössling einer einst vermögenden Familie wird er zum Mentor von Lucy Gray (Rachel Zegler) ernannt, einem Mädchen aus dem verarmten Distrikt 12. Schnell wittert er seine Chance, Familienehre und Macht zurückzuerlangen.

Bis in die Nebenrollen hochkarätig besetzt: Oscarpreisträgerin Viola Davis goes full camp als Dr. Volumnia Gaul. Trotz aufgeplatzter Sofakissen-Frisur und grellem Make-up ist sie weniger furchteinflößend, als sie es hätte sein wollen und lässt dabei die Grenzen zum overacting weit hinter sich. Ausgezeichnet dagegen: Jason Schwartzman als schmieriger Showmoderator und der immer herausragende Peter Dinklage in der Rolle des tragischen Antihelden. Nach THE MARVELS trällert es auch in den Tributen gewaltig. Noch ein Actionspektakel, in dem gesungen wird. Man fragt sich, was das soll. Rachel Zegler hat zwar eine hübsche Stimme (schließlich war sie die Maria in Steven Spielbergs WEST SIDE STORY), aber das Gejodel wirkt in einem dystopischen Jugendfilm völlig fehl am Platz.

DIE TRIBUTE VON PANEM – THE BALLAD OF SONGBIRDS & SNAKES. Langer Titel, langer Film. Der in drei Kapitel unterteilte 157-Minuten-Film fühlt sich wie die komplette Staffel einer Serie an. Vor allem der letzte Akt könnte glatt ein eigener Spielfilm sein. Fortsetzung folgt. Garantiert.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „The Hunger Games: The Ballad of Songbirds & Snakes“
USA 2023
157 min
Regie Francis Lawrence

alle Bilder © LEONINE Studios

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WEST SIDE STORY

WEST SIDE STORY

Überflüssig, hier nochmal die Geschichte von Tony, Maria, den Jets und den Sharks nachzuerzählen. Selbst eingefleischten Musicalhassern dürfte die Handlung von West Side Story vertraut sein: Shakespeares Romeo und Julia, nur eben im New York der späten 1950er-Jahre angesiedelt.

Im Laufe seiner sagenhaft erfolgreichen Karriere hat Steven Spielberg unzählige Blockbuster gedreht, Preise gewonnen, Klassiker für die Ewigkeit kreiert. Nun also eine Neuverfilmung des zehnfach oscargekrönten Leonard-Bernstein-Musicals. An der 2021er Version ist erstmal nichts falsch: Paul Tazewells Kostüme strahlen in allen Farben des Regenbogens, die Sets stimmen bis ins kleinste Detail und Director of Photography Janusz Kaminski konnte gewohnt viele Lampen in Richtung Kameraoptik drehen, sodass sein Markenzeichen – Flares in jeder Einstellung – gebührend zur Geltung kommen. Choreografie und Gesang sind spotless. Alle beteiligten Gewerke sind auf der Höhe ihrer Schaffenskunst. Und dennoch fragt man sich während der gesamten 155 Minuten: Warum?

Warum eine neue Version, die der alten nichts Nennenswertes hinzuzufügen hat, außer schickerer Optik und uncharismatischeren Hauptdarstellern? Vor allem der ewige Klassensprecher Ansel Elgort ist als Tony die Inkarnation von netter Langeweile. Such a pretty face: Rachel Zegler, eine echte Disney-Prinzessin mit glockenklarer Stimme, wird als Maria in jeder Szene von der temperamentvolleren Ariana DeBose (als Anita) an die Wand gespielt und gesungen. Überhaupt sind sämtliche Nebenfiguren besser besetzt als das blasse Paar im Zentrum der Geschichte. It’s alarming how uncharming they are. 

Steven Spielberg hatte wohl einfach Lust, einen seiner Lieblingsfilme neu zu inszenieren – mit feisteren Bildern und besserer Technik. Dabei vermeidet er alles Moderne. „La La Land“, „In the Heights“ oder Baz Luhrmanns „Romeo + Juliet“ sind da deutlich mutiger und verspielter. Spielbergs Film wirkt, als sei er ein perfekt restauriertes Werk aus den 1950er-Jahren. Wenigstens sind diesmal die Puertoricaner echt und werden nicht von braun geschminkten Gringos gespielt.

I feel pretty: „West Side Story“ 2021 sieht gut aus und ist ganz okay, reicht aber bei weitem nicht an die Originalversion heran. Eine Empfehlung für alle, die gerne schöne Menschen in schönen Kostümen sehen wollen, die hübsch choreografiert tanzen und dazu berühmte Lieder singen.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „West Side Story“
USA 2021
155 min
Regie Steven Spielberg
Kinostart 09. Dezember 2021

alle Bilder © Walt Disney Studios Motion Pictures Germany