WANN WIRD ES ENDLICH WIEDER SO SEIN, WIE ES NIE WAR

WANN WIRD ES ENDLICH WIEDER SO SEIN, WIE ES NIE WAR

seit 23. Februar 2023 im Kino

Eine etwas andere Kindheit: Josse wächst auf dem Gelände einer psychiatrischen Klinik auf. Für den jüngsten Sohn von Direktor Meyerhoff (Devid Striesow) gehören die körperlich und geistig Behinderten quasi zur Familie. Am besten schläft er, wenn er nachts die Schreie der Patienten hört. Vielleicht weil er selbst immer wieder Tobsuchtsanfälle bekommt. Dann setzen ihn die Eltern auf die Waschmaschine. Das Schleudern beruhigt den hypersensiblen Jungen.

Ergreifend und voll absurder Momente

Kann man die mittlerweile fünf autobiografischen Romane Joachim Meyerhoffs überhaupt verfilmen? Ja, man kann. Komisch, ergreifend und voll absurder Momente: Sonja Heiss hat die 70er-Jahre Stimmung des zweiten Bands der Lebenserinnerungen des Schauspielers punktgenau eingefangen. Dabei sind die Figuren nicht einmal so besetzt, wie man sich das vielleicht beim Lesen vorstellt. Aber dank der stimmigen Inszenierung und dem hervorragenden Spiel taucht man schnell in die Welt der schrägen Familie ein.

Joachim Meyerhoff erzählt in seinen Büchern keine klassisch aufgebaute Geschichte, sondern reiht Erinnerungen und Begebenheiten lose aneinander. Kleiner Wermutstropfen: Der Stoff hätte locker für eine Fernsehserie gereicht. Ganze viermal wechselt der Schauspieler des Josse: vom Kind zum Teenager bis zum jungen Mann. Das geht dann doch ein bisschen zu schnell. Trotzdem: WANN WIRD ES ENDLICH WIEDER SO, WIE ES NIE WAR ist die gelungene Verfilmung eines unverfilmbaren Buchs, hoffentlich mit Fortsetzung.

INFOS ZUM FILM

Deutschland 2023
116 min
Regie Sonja Heiss

alle Bilder © Warner Bros. Pictures Germany

NAHSCHUSS

NAHSCHUSS

Die DDR, eine Sinfonie in Beige. Wer den Geruch von Wofasept und das Kratzen von Dederon vermisst, wer überhaupt findet, dass das Leben viel zu bunt ist, der kann jetzt im Kino eine kleine Zeitreise zurück in die Deutsche Demokratische Republik anno 1981 machen.

„Nahschuss“ – der Titel bezieht sich auf eine Hinrichtungsmethode, bei der dem Verurteilten hinterrücks direkt ins Genick geschossen wurde – lässt von der ersten Einstellung an keinen Zweifel aufkommen: Das wird schlecht enden.
Werner Teske war am 26. Juni 1981 der letzte DDR-Bürger, an dem die Todesstrafe vollstreckt wurde. „Nahschuss“ ist von seiner Geschichte inspiriert.

Der Ingenieur Franz Walter (Lars Eidinger) ist überglücklich, als ihm seine Professorin eröffnet, er sei als ihr Nachfolger im Gespräch. Im Gegenzug soll er beim Auslandsnachrichtendienst der DDR tätig werden. Zusammen mit seinem Kollegen Dirk (Devid Striesow) wird er zu Einsätzen in die feindliche BRD geschickt. Anfangs noch ganz pflichtbewusster Sozialist, erwecken die menschenverachtenden Methoden der Stasi bei Franz bald tiefsten Widerwillen und lösen eine Depression aus. Selbst seine Frau Corina (Luise Heyer) dringt kaum noch zu ihm durch. Franz will aussteigen, raus aus dem System, doch es gibt keinen Weg.

Von Ostalgie keine Spur. Franziska Stünkels Film ist eine Abrechnung mit einem Unrechtssystem, in dem die Methoden des Nationalsozialismus unter neuem politischen Deckmantel fortgesetzt wurden. Deutschlands fleißigster Schauspieler Lars Eidinger spielt Franz Walter leise und zurückhaltend. Er macht nachvollziehbar, in welchen Zwängen sich Menschen in der DDR ausgesetzt sahen, egal ob sie für oder gegen den Staat waren. Ganz hervorragend auch Devid Striesow als dubioser Stasi-Kollege, der sich zwar linientreu gibt, aber gleichzeitig den Verlockungen des Westens nicht widerstehen kann. Luise Heyer macht mit ihrer nuancierten Darstellung das herausragende Trio komplett.
„Nahschuss“ ist ein düsterer, sehr ernsthafter Film über ein vergessenes Kapitel deutscher Geschichte.

INFOS ZUM FILM

Deutschland 2020
116 min
Regie Franziska Stünkel
Kinostart 12. August 2021

alle Bilder © Alamode Film

TRÜBE WOLKEN

TRÜBE WOLKEN

Der 17-jährige Paul ist anders – einzelgängerisch, melancholisch, undurchschaubar. Mit seiner ungreifbaren Art übt er eine seltsame Faszination auf die gleichaltrige Dala (Valerie Stoll) und seinen Lehrer Bulwer (Devid Striesow) aus. Eines Tages wird ein Mitschüler ermordet im Wald gefunden. Die Polizei ermittelt und Paul beginnt, falsche Fährten zu legen.

Trübe Wolken Jonas Holdenrieder Devid Striesow

Darauf muss man sich einlassen: „Trübe Wolken“ ist kein klassischer Thriller, eher ein verschachtelter, spröder Tagtraum. Atmosphäre und Mut zum Experimentellen sind Regisseur Christian Schäfer wichtiger als eine sehgewohnte Krimi-Handlung à la Tatort zu erzählen. 

Die Künstlichkeit der Inszenierung und die sperrig vorgetragenen Dialoge werden sicher kein breites Publikum ansprechen. Trotz des immer wiederkehrenden Gefühls, gerade eine Abschlussarbeit der Hochschule für Schauspiel anzuschauen, schafft es der Film, seine subtile Spannung bis zum Ende zu halten. Und nebenbei gibt es noch jede Menge junger Talente zu sehen, allen voran Valerie Stoll und Jonas Holdenrieder, der bisher vor allem mit „Das Kleine Gespenst“ und „Ballon“ bekannt wurde.

Jonas Holdenrieder Trübe Wolken
Valerie Stoll Trübe Wolken

FAZIT

Erinnert an die Arbeiten des französischen Regisseurs Xavier Dolan, minus dessen genialem Wahnsinn. Eine ungewöhnliche Deutsche Coming-Of-Age-Geschichte, jenseits des Mainstreams und deshalb sehenswert.

INFOS ZUM FILM

Deutschland 2021
104 min
Regie Christian Schäfer
Demnächst im Kino

Trübe Wolken Filmplakat

alle Bilder © Edition Salzgeber