BLACK BOX

BLACK BOX

Ab 10. August 2023 im Kino

ChatGTP, schreibe ein Drehbuch mit folgenden Themen: Gentrifizierung, Immobilienhaie, Alt-68er, Profitgier, Geldsorgen, Muslime, Asylanten, Corona-Pandemie, Mord, politischer Aktivismus, Tollwut, Sex, Polizeigewalt - brrr - zzzzp - spratzel - fertig ist das Drehbuch zu BLACK BOX.

Es beginnt symbolisch: Ein moderner Glas-Stahlcontainer senkt sich wie ein UFO an maroder Fassade vorbei in einen Berliner Hinterhof. Der Anfang vom Ende der Gemütlichkeit. Das Pop-up-Office soll Kaufinteressenten anlocken, die alteingesessenen Mieter sind entsetzt. Als am nächsten Morgen die Hofzugänge von der Polizei abgeriegelt werden, mehrfach der Strom ausfällt und sich die Gerüchte vom bevorstehenden Verkauf der Wohnungen verselbstständigen, kippt die Stimmung Richtung Ausnahmezustand.

Druck auf dem Kessel

Regisseurin und Drehbuchautorin Aslı Özge hat Druck auf dem Kessel. Die ganze Wut muss raus, am besten in einem Film. In BLACK BOX versteckt sich unter ungefähr zweihundert angerissenen Themen eine interessante Metapher auf unsere Gesellschaft: Der Mikrokosmos Hinterhof, stellvertretend für die Spaltung eines ganzen Landes. Hochkarätig besetzt, ausgezeichnet gespielt (unter anderem Luise Heyer, Felix Kramer, Christian Berkel, Jonathan Berlin, Anne Ratte-Polle) und souverän inszeniert.

Der ätzende Kampf zwischen Mietern und Vermietern hätte als Bild für das zerfallende Gemeinschaftsgefühl und das Auseinanderdriften demokratischer Strukturen gereicht. Aber es ist von allem viel zu viel. Schere im Kopf, mal anders: Wenn es der innere Editor schafft, all die thematischen Nebenschauplätze auszublenden, dann funktioniert BLACK BOX als ein interessantes Psychodrama aus Deutschland.

INFOS ZUM FILM

Deutschland 2023
120 min
Regie Aslı Özge

alle Bilder © Port au Prince Pictures

IRGENDWANN WERDEN WIR UNS ALLES ERZÄHLEN

IRGENDWANN WERDEN WIR UNS ALLES ERZÄHLEN

Ab 13. April 2023 im Kino

Emily Atefs Berlinale-Beitrag: Es gibt ihn noch, den typisch deutschen Problemfilm.

Sommer 1990. Ein Bauernhof an der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze. Johannes hat für seine Freundin Maria und sich den Dachboden bei seinen Eltern zum kleinen Idyll gemacht. Maria liest Dostojewski, streift durch die Wiesen und widmet sich auch sonst dem süßen Nichtstun. Ihre Begegnung mit Henner, dem um einiges älteren Nachbarn, macht der Beschaulichkeit ein Ende. Eine tragische Liebe nimmt ihren Lauf.

IRGENDWANN WERDEN WIR UNS ALLES ERZÄHLEN gehört in die Kategorie Filme, bei denen schon nach wenigen Minuten klar ist, dass man sich weder für die Figuren noch ihre deprimierenden Probleme interessiert. Das hölzern gespielte Drama von der verbotenen Liebe verläuft ereignislos und zieht sich über 129 Minuten wie Kaugummi. Von der Dramatik des Trailers ist im Film wenig zu spüren. Sehenswert sind in diesem deutschen Berlinale-Wettbewerbsbeitrag einzig die sommerlichen Landschaften Ostdeutschlands. Ernüchterndes Fazit: Es gibt ihn noch, den typisch deutschen Problemfilm.

INFOS ZUM FILM

Deutschland 2023
129 min
Regie Emily Atef

alle Bilder © Pandora Film