EINFACH MAL WAS SCHÖNES

Kinostart 17. November 2022

Deutschlands fleißigste „Ich warte nicht auf Rollenangebote, sondern inszeniere mich selbst“-Schauspielerin und Regisseurin Karoline Herfurth hat es schon wieder getan. Gerade mal neun Monate nach „Wunderschön“ startet nun „Einfach mal was Schönes“ in den Kinos. Ähnlicher Titel, ähnlicher Film.

Karla ist 39 und familiengestresster Single. Sie möchte unbedingt ein Kind bekommen, doch es fehlt der richtige Mann. Also beschließt sie, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen: Samenbank sei Dank ist schnell ein Spender gefunden. Doch als ihr der viel zu junge Ole über den Weg läuft, wird ihr Leben auf den Kopf gestellt.

Karoline Herfurth beweist, dass sie nicht nur ein Händchen fürs Komödiantische, sondern auch fürs Dramatische hat. Vielleicht sollte sie mit ihrem nächsten Projekt mal das Sujet wechseln. Drama mit Humor statt Komödie mit Drama. „Einfach mal was Schönes“ ist ein harmloser Film mit einer süßen Hauptdarstellerin und einem süßen Hauptdarsteller sowie einer grandiosen Ulrike Kriener als Höllenmutter. Obwohl das alles unterhaltsam ist, trägt die simple Geschichte nur für maximal 90 Minuten. Wie schon bei ihrem Vorgängerfilm (131 Minuten!!) möchte man sich mit der Regisseurin an den Schneidetisch (bzw. Computer) setzen und fragen: Braucht es diese redundanten Szenen wirklich? Wie oft muss man eine Fahrt über abgelegte Kleidungsstücke zeigen, um eine Beischlafszene anzukündigen? Einmal? Zweimal? Dreimal? Die Kunst des Weglassens beherrscht Herfurth nicht. Wenigstens konzentriert sich die Geschichte diesmal auf wenige Figuren, so bleibt genügend Zeit, Charaktere nicht nur anzureißen, um dann ihre Probleme im Schweinsgalopp zu lösen. Insgesamt also eine echte Weiterentwicklung zum zerfaserten Vorgängerfilm „Wunderschön“.

Karoline Herfurth bleibt ihrem Hit and Miss-Rezept treu: Neben wirklich lustigen gibt es mindestens genauso viele dämliche Szenen zum Fremdschämen. „Einfach mal was Schönes“ ist generationsübergreifende Mainstream-Unterhaltung für zwei Stunden Lachen und ein bisschen Weinen ohne großen Anspruch.

INFOS ZUM FILM

Deutschland 2022
116 min
Regie Karoline Herfurth

alle Bilder © Warner Bros. Pictures Germany

WUNDERSCHÖN

WUNDERSCHÖN

Kinostart 03. Februar 2022

Neutronensterne sind die vermutlich dichtesten Objekte im Universum: Ein Teelöffel ihrer Materie wiegt einige Milliarden Tonnen. Das haben schlaue Wissenschaftler mit der Formel p = m durch v berechnet: Masse geteilt durch Volumen ist gleich Dichte. Kann man mit dieser Gleichung auch die Dichte der Klischees in einem Film berechnen? Geht das in Gramm pro Drehbuchseite oder in Kilogramm pro Filmminute?

„Wunderschön“ ist der Neutronensternhaufen unter den Filmen. Nonstop jagt ein Klischee das nächste. Da ist das dicke Mädchen, in der Schule ausgegrenzt, die Mutter eine klapperdürre Zicke. Aber was sind schon ein paar Pfunde zu viel auf den Rippen, wenn sich darunter eine übertalentierte Baseballspielerin versteckt? Klar, dass da der (dünne) süße Junge aus dem Team ganz wuschig wird. Und das junge Model: selbstverständlich magersüchtig, auf Koks und ganz doll unglücklich in ihrer Instagram-Hinterhof-Traumwohnung (der an die Wand geschraubte Nachttisch ist allerdings wirklich eine gute Idee). Und deren erfolgreicher Bruder: verheiratet, zwei Kinder. Alles könnte so schön sein, doch dann will seine Frau auch Karriere machen, da hat er erst mal gar kein Verständnis. Dann die Großeltern: Zu lange verheiratet, er sieht sie gar nicht mehr, sie leidet still  in ihrer beigen Blase, Sex haben die beiden sowieso seit Jahren nicht mehr – also ab zum Tangokurs! Und so weiter und so weiter.

Dass „Wunderschön“ nicht wie eine bleierne Ente untergeht, liegt an der souveränen Regie von Karoline Herfurth und der spielfreudigen Besetzung. Emilia Schüle, Martina Gedeck, Joachim Król und Friedrich Mücke, allesamt Profis, die wissen, wie man den Ball in der Luft hält, auch wenn sich beim Zuschauer die Augäpfel angesichts der Flachheiten bis zum Hypothalamus verdrehen. Halbwegs unterhaltsam und amüsant ist das am Ende dann doch. Dass es auch besser geht, zeigt die einzig originelle Episode über eine emanzipierte, liebeskritische Lehrerin, gespielt von der verlässlich sarkastischen Nora Tschirner.

Erkenntnis: Es handelt sich nicht um die Verfilmung von Tolstois „Krieg und Frieden“, sondern eher um eine überlange Folge einer TV-Vorabendserie. Wunderschön wäre es also gewesen, den Film um gut ein Drittel zu kürzen. Das hätte alles lässig in 90 kurzweilige Minuten gepasst. Einen halben Extrastern für die gute Absicht: Wir sind alle gleich, es ist egal, wie man aussieht, die inneren Werte zählen. Amen.

INFOS ZUM FILM

Deutschland 2021
131 min
Regie Karoline Herfurth

alle Bilder © Warner Bros. Pictures Germany