
ALLE LIEBEN TOUDA
ALLE LIEBEN TOUDA erzählt von einer Sängerin und Tänzerin, die davon träumt, eine „Sheikha“ – eine traditionelle marokkanische Künstlerin – zu werden.
Ab 29. Mai 2025 im Kino
Gleich ein bisschen Bildung vorneweg: Was sind Aita-Gesänge? Aita ist ein traditioneller Volksmusikstil aus Marokko. Er wird von Frauen gesungen und in der Regel von männlichen Musikern auf Fiedeln und Trommeln begleitet.
Wenn ein Film ALLE LIEBEN TOUDA heißt und auf dem Plakat eine lächelnde, tanzende Frau zu sehen ist – was erwartet man dann? Eine flirrend-leichte Sommerkomödie aus Frankreich? Die Geschichte von Touda, die alle um sie herum verzaubert? Au contraire.

Gleich zu Beginn wird Touda von einer Horde Männer brutal vergewaltigt. Überhaupt, die Männer: Der Vater ihres Kindes hat sie sitzen lassen, ihr Bruder ist ein sexistischer Arsch, der seine Schwester mit offener Verachtung straft. Und trotzdem: Touda tanzt und singt weiter – für ein Publikum, das sie verachtet. Die Miete muss bezahlt werden, zu Hause wartet ihr gehörloser Sohn. Von wegen Feelgood-Movie.
Das Patriarchat, der Sexismus, all die Schicksalsschläge, an denen andere zerbrechen würden – Touda scheint sie mit stoischer Kraft zu ertragen. Trotz all der Dramatik wirkt die Inszenierung streckenweise zäh. Lange Gesangs- und Tanzpassagen (man sollte marokkanische Musik schon mögen) wechseln sich ab mit einer wenig stringenten Erzählung über eine Frau, die angeblich ungebildet und Analphabetin ist, sich jedoch fließend mit ihrem Sohn in Gebärdensprache verständigt – und nebenbei auch noch Französisch parliert. Hm.

Und dennoch gibt es zwei gute Gründe, sich ALLE LIEBEN TOUDA anzuschauen: Zum einen die Bilder von Kamerafrau Virginie Surdej, die mit ihrem Blick für Licht und Körperlichkeit Szenen von fast dokumentarischer Intensität schafft. Zum anderen Nisrin Erradi, die die Touda schlichtweg grandios verkörpert. Zwischen strahlender Lebensfreude und innerer Zerrissenheit durchläuft sie ein beeindruckendes emotionales Spektrum.
Was bleibt, ist das ambivalente Porträt einer Frau, die sich selbst zum Ausdruck bringt – in einer Welt, die sie lieber zum Schweigen bringen würde.
INFOS ZUM FILM
Originaltitel „Everybody Loves Touda“
Frankreich / Marokko / Belgien / Dänemark / Niederlande 2025
102 min
Regie Nabil Ayouch

alle Bilder © IMMERGUTEFILME