Alter weisser Mann

ALTER WEISSER MANN

Alter weisser Mann

ALTER WEISSER MANN

Das Thema liegt seit Jahren auf der Straße: alte, weiße CIS-Männer, die voll cringe rumboomern. Höchste Zeit, darüber einen Film zu machen.

Ab 31. Oktober 2024 im Kino

Familienvater Heinz Hellmich droht nach einigen ungeschickten Fehltritten in der Firma der Jobverlust. Damit keiner denkt, er sei ein „alter weißer Mann“, lädt er seinen Chef und weitere Gäste (oder heißt es Gäst*innen?!) zu einem Dinner zu sich nach Hause ein. Mitsamt seiner Familie will er sich von seiner besten und politisch korrektesten Seite präsentieren. Doch kaum sitzen alle an einem Tisch, beginnt die mühsam errichtete Fassade der Political Correctness zu bröckeln.

Alter weisser Mann

Wenn man Kunstwerk und Künstler voneinander trennen soll, dann fällt das bei Jan Josef Liefers besonders schwer. Menschlich, als Sänger und in seiner Rolle als Prof. Dr. Dr. Karl-Friedrich Boerne scheint er gleichermaßen unsympathisch. Obwohl das über 10 Millionen Tatort-Zuschauer bestimmt anders sehen. Nun also ein Spielfilm mit Liefers – und der ist überraschend gut. Er überzeugt hier mit einer Mischung aus Charme und Unbeholfenheit. Amüsant dabei zuzuschauen, wie er in immer absurdere Situationen gerät, während sein Versuch, sich als moderner Mann zu präsentieren, ins Chaos führt. Die Interaktionen zwischen ihm und seiner Familie, darunter Nadja Uhl als seine Ehefrau, führen zu einer dynamischen, oft slapstickartigen Komik.

Alter weisser Mann

Regisseur Simon Verhoeven kann was – das hat er zuletzt mit dem sehr gelungenen Milli-Vanilli-Biopic „Girl You Know It’s True“ bewiesen. ALTER WEISSER MANN hat reichlich Herz, gutes Timing und ist auf niedliche Art unterhaltsam. Dazu prominent besetzt: Neben Liefers und Uhl spielen Michael Maertens, Meltem Kaptan und Elyas M’Barek. Ein Highlight ist Friedrich von Thun als Großvater, der mit greiser Sturheit die moderne Wokeness untergräbt.

Alter weisser Mann

Der Film bleibt zugänglich, ohne sich in moralischen Predigten zu verlieren. Verhoeven hat es verstanden, eine Balance zwischen Witz und Ernsthaftigkeit zu finden. In einer Zeit, in der der gesellschaftliche Diskurs um Identität, Diversität und politische Korrektheit nur noch mit Schaum vor dem Mund geführt wird, kommt ALTER WEISSER MANN als versöhnliche, locker-leichte Komödie ins Kino.

INFOS ZUM FILM

Deutschland 2024
114 min
Regie Simon Verhoeven

Alter weisser Mann

alle Bilder © LEONINE STUDIOS

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Haltlos

HALTLOS

Haltlos

HALTLOS

HALTLOS ist die zweite Regiearbeit des Schauspielers Kida Khodr Ramadan. Überraschend ist vor allem das Thema, das sich der bekennende Führerscheingegner dafür ausgesucht hat: Die Psychostudie einer werdenden Mutter mit Lebenskrise.

Ab 24. Oktober 2024 im Kino

Wer das zweifelhafte Vergnügen hatte, Kida Khodr Ramadan als Gettoslang nuschelnden Mönch im filmischen Fehltritt Narziss und Goldmund zu erleben, der weiß: Ein guter Schauspieler? Naja, das ist er eher nicht. Nun wechselt er hinter die Kamera und führt bei HALTLOS Regie.

Es ist die Geschichte von Martha (gespielt von Lilith Stangenberg), einer psychisch instabilen, schwangeren Frau, die ihr Kind nach der Geburt zur Adoption freigeben möchte. Der Vater des Kindes ist ihr verheirateter Liebhaber, der seine Frau unter keinen Umständen verlassen will.

Haltlos

Was folgt, ist ein intensives und doch ermüdendes Wechselspiel aus Geschrei, Sex und Krämpfen auf der Toilette. Während des Films fragt man sich, wie lange 93 Minuten tatsächlich dauern können. Das Ganze wird dazu sehr (sehr) fragmentarisch erzählt. Weniger euphemistisch könnte man es auch als zusammenhangslos bezeichnen. Wer hofft, am Ende Erleuchtung zu finden, wird enttäuscht.

Haltlos

In der Hauptrolle agiert Lilith Stangenberg, deren anämische Spielweise man mögen muss. Sicher, HALTLOS hat ein paar gelungene Szenen, und hin und wieder blitzt Ramadans Sinn für trockenen Humor auf – doch insgesamt landet der Film eher in der Kategorie „überambitioniert und anstrengend“.

INFOS ZUM FILM

Deutschland 2024
93 min
Regie Kida Khodr Ramadan

Haltlos

alle Bilder © Rapid Eye Movies

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E.1027 – EILEEN GRAY UND DAS HAUS AM MEER

E.1027 – EILEEN GRAY UND DAS HAUS AM MEER

E.1027 – EILEEN GRAY UND DAS HAUS AM MEER

E.1027 – EILEEN GRAY UND DAS HAUS AM MEER

E.1027 steht für die Initialen von Eileen Gray und ihren Geliebten Jean Badovici, mit dem sie 1929 ein atemberaubendes Haus an der Côte d'Azur erbaute.

Ab 24. Oktober 2024 im Kino

Eileen Gray, geboren 1878 in Irland, war nicht nur eine Architektin, sondern auch eine wegweisende Designerin. Nach einem Kunststudium in Paris widmete sie sich zunächst der Möbelgestaltung und entwarf zeitlose Stücke, die heute als Klassiker gelten. 1929 revolutionierte sie die moderne Architektur mit ihrem Meisterwerk E.1027 an der Côte d’Azur.

E.1027 – EILEEN GRAY UND DAS HAUS AM MEER

Die schlichten Linien, die klare Formensprache, das funkelnde Licht des blauen Meeres – da möchte man sofort ein paar Millionen im Lotto gewinnen, Zapf anrufen und nach Südfrankreich umziehen. Nicht nur für Architekturfans ist E.1027 ein feuchter Traum. Nachdem das Anwesen zwischendurch komplett verfallen und von Gesindel zerstört worden war, kann man es seit 2021 wieder in alter Pracht bewundern.

E.1027 – EILEEN GRAY UND DAS HAUS AM MEER

Weibliche Vision trifft auf männliches Ego: Der Film erzählt auch von Grays schwieriger Beziehung zu Stararchitekt Le Corbusier, dem die schlichten weißen Wände nicht gefielen und sie deshalb kurzerhand mit bunten Bildern bemalte. Ein Frevel, ja sogar eine Vergewaltigung für Gray, für den eitlen Le Corbusier eine Machtdemonstration.

E.1027 – EILEEN GRAY UND DAS HAUS AM MEER

Die Filmemacherin Beatrice Minger hat Eileen Gray und ihrem Werk einen visuell bemerkenswerten und klugen Film gewidmet. Neben spektakulären Aufnahmen im Originalhaus und Lars van Trier-würdigen Spielszenen in einem Bühnensetting verwendet die Dokufiktion reichlich historisches Material und sogar ein spätes Interview mit der echten Eileen Gray, die 1976 verstarb. E.1027 – EILEEN GRAY UND DAS HAUS AM MEER ist ein Vexierspiel über ein Haus und zugleich über die kreative Unabhängigkeit einer Frau.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „E.1027 – EILEEN GRAY UND DAS HAUS AM MEER“
Schweiz 2024
89 min
Regie Beatrice Minger

E.1027 – EILEEN GRAY UND DAS HAUS AM MEER

alle Bilder © RISE AND SHINE CINEMA

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The Room Next Door

THE ROOM NEXT DOOR

The Room Next Door

THE ROOM NEXT DOOR

Pedro Almodóvar hat seinen ersten englischsprachigen Film gedreht. Funktioniert das?

Ab 24. Oktober 2024 im Kino

Die Zutaten stimmen: grandiose Musik im Stil von Bernard Herrmann, kräftige Farben, wunderschöne Sets und eine dramatische Story. Aber irgendetwas stimmt nicht. Liegt es an der Sprache? THE ROOM NEXT DOOR ist der erste englischsprachige Film des spanischen Regisseurs Pedro Almodóvar und zugleich eines seiner schwächeren Werke.

The Room Next Door

Jetzt mal wirklich kurz und knapp: Je weniger man vorher über die Handlung weiß, desto besser. Oder verrät der Trailer wieder alles? Moment, bin gleich zurück… Aha, wenn das so ist: Die ehemalige Kriegsreporterin Martha (Tilda Swinton) ist unheilbar an Krebs erkrankt und möchte ihr Leben in Würde beenden. Dazu wünscht sie sich die Begleitung ihrer Freundin Ingrid (Julianne Moore), einer erfolgreichen Romanautorin.

The Room Next Door

Das Kammerspiel konzentriert sich auf diese beiden Figuren, könnte auch „Zwei Frauen“ heißen. Bisweilen wird das ohnehin langsame Tempo des Films durch (unnötige) Rückblenden gebremst. Almodóvar, sonst ein Garant für großes Melodrama, wollte das ernste Thema „Sterbehilfe“ vielleicht nicht mit zu viel grandiosem Kitsch verzieren. Das allerdings hat zur Folge, dass man den ganzen Film über seltsam unbeteiligt bleibt. Ob die Regie „Lost in Translation“ war, wenn sogar eine sonst so phänomenale Schauspielerin wie Tilda Swinton seltsam steif wirkt und klingt, als ob sie ihren Text von versteckten Karten ablesen würde?

The Room Next Door

Natürlich ist das von Kameramann Eduard Grau fabelhaft fotografiert, jede Einstellung ist praktisch ein Gemälde. Und trotzdem: THE ROOM NEXT DOOR wirkt wie die Kopie eines Almodóvar-Films. War der Flirt mit Hollywood also eine schlechte Idee? Die Welt hört nicht in Spanien auf – Klar, dass ein Künstler wie Almodóvar über den Tellerrand schauen und auch mal mit internationalem Cast drehen will. Ist ja auch nicht komplett schiefgegangen. Aber das nächste Mal bitte wieder mit Penélope Cruz.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „La habitación de al lado“
Spanien 2024
107 min
Regie Pedro Almodóvar

The Room Next Door

alle Bilder © Warner Bros. Pictures Germany

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Münter & Kandinsky

MÜNTER & KANDINSKY

Münter & Kandinsky

MÜNTER & KANDINSKY

Die Liebesbeziehung zwischen der jungen Kunststudentin Gabriele Münter und dem verheirateten, elf Jahre älteren Russen Wassily Kandinsky ist Thema des außergewöhnlich gut gemachten Films von Marcus O. Rosenmüller.

Ab 24. Oktober 2024 im Kino

Gabriele Münter und Wassily Kandinsky waren von 1902 bis 1914 ein Paar. Münter, eine talentierte Malerin, inspirierte Kandinsky, gemeinsam waren sie Wegbereiter des Expressionismus. Ihre Beziehung war in jeder Hinsicht fruchtbar, künstlerisch und romantisch, doch Spannungen und Kandinskys Suche nach neuen Ausdrucksformen führten zur Trennung. Münters Einfluss auf sein Werk bleibt bis heute unbestritten.

Münter & Kandinsky

MÜNTER & KANDINSKY ist mehr als ein typisches Biopic. Es ist vor allem das Porträt einer Frau im Schatten eines berühmten Mannes. Während er Erfolge feiert, bleibt ihr (wiedermal) die große Anerkennung verwehrt. Wenn heutzutage von den Gründern der Künstlervereinigung „Der Blaue Reiter“ gesprochen wird, fallen meist nur die Namen von Franz Marc und Wassily Kandinsky, obwohl Gabriele Münter maßgeblich beteiligt war.

Münter & Kandinsky

1942, Gabriele Münter versteckt Kandinskys Bilder, vor der Tür stehen die Nazis auf der Suche nach entarteter Kunst. Von dort springt die Handlung vierzig Jahre zurück. Der Film beginnt beinahe konventionell, erst nach und nach entfaltet sich eine bildliche Pracht, die den Stil der damaligen Avantgarde widerspiegelt. Endlich mal ein Film über Maler, in dem deren Schaffensprozess mindestens so viel Aufmerksamkeit bekommt, wie ihr Liebesleben. Namche Okons Kamera überträgt die Farben und Formen der Kunstwerke eindrucksvoll auf die Leinwand. Originalgemälde und ein ausgefeiltes Kostümbild, das auf Originalfotos von Gabriele Münter basiert, machen MÜNTER & KANDINSKY visuell herausragend.

Münter & Kandinsky

Jazzmusik als Soundtrack hört sich zunächst unpassend an, setzt aber einen modernen Akzent und passt erstaunlich gut in die Welt der Schwabinger Bohème des beginnenden 20. Jahrhunderts. Neben Vladimir Burlakov beeindruckt Vanessa Loibl mit ihrer energischen Darstellung der jungen, ambitionierten Frau, die für ihre Kunst und Liebe kämpft. MÜNTER & KANDINSKY ist ein hervorragend gemachtes Porträt der Beziehung zwischen zwei eigenwilligen Künstlern. Sehenswert.

INFOS ZUM FILM

Deutschland 2024
125 min
Regie Marcus O. Rosenmüller

Münter & Kandinsky

alle Bilder © Camino Filmverleih

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In Liebe eure Hilde

IN LIEBE, EURE HILDE

In Liebe eure Hilde

IN LIEBE, EURE HILDE

Liv Lisa Fries wiedermal in ihrer Paraderolle als starke junge Frau im Kampf gegen Hitlers Regime.

Ab 17. Oktober 2024 im Kino

Andreas Dresens Film IN LIEBE, EURE HILDE, der dieses Jahr im Wettbewerb der oft kritisierten Berlinale lief, markiert bereits die achte Zusammenarbeit des Regisseurs mit der Drehbuchautorin Laila Stieler. Die beiden erzählen darin eine Liebesgeschichte, die sich mitten im Kriegsjahr 1942 entfaltet.

In Liebe, eure Hilde

Hilde (gespielt von Liv Lisa Fries) und Hans (Johannes Hegemann) sind ein Paar, das sich den zunächst noch eher harmlosen Aktionen einer Gruppe anschließt, die später als „Rote Kapelle“ bekannt wurde. Doch als Hilde im achten Monat schwanger ist, werden beide verhaftet und zum Tode verurteilt.

In Liebe, eure Hilde

IN LIEBE, EURE HILDE erzählt die wahre Geschichte dieser zwei jungen Kommunisten im Widerstand fast schon nüchtern und ohne Kitsch. Später sollten die beiden in der DDR zu Volkshelden stilisiert werden. Dresen erfindet das Rad mit seinem konventionell gemachten Biopic nicht neu, jedoch gelingt ihm eine interessante Struktur: Er verknüpft die Zeit im Gefängnis mit der rückwärts erzählten Liebesgeschichte zwischen Hans und Hilde. Der Film beginnt mit ihrer Verhaftung und endet mit ihrer ersten Begegnung auf einem Sommerfest. Sehenswert vor allem wegen der beiden Hauptdarsteller und einer todtraurigen Hinrichtungsszene.

INFOS ZUM FILM

Deutschland 2024
124 min
Regie Andreas Dresen

In Liebe, eure Hilde

alle Bilder © Pandora Film

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Hagen - Im Tal der Nibelungen

HAGEN – IM TAL DER NIBELUNGEN

Hagen - Im Tal der Nibelungen

HAGEN – IM TAL DER NIBELUNGEN

Sie waren im Mittelalter DAS Powercouple auf dem Schlachtfeld: Siegried und Brunhilde. Doch nicht der blutgebadete Drachenkiller steht im Mittelpunkt des RTL-Eventmovies, sondern Hagen von Tronje, der Waffenmeister des Königs.

Ab 17. Oktober 2024 im Kino

Drachen, Mittelalter und Schwertkämpfe – Logisch, der Vergleich mit „Game of Thrones“ drängt sich auf. In dieser Liga spielt HAGEN – IM TAL DER NIBELUNGEN allerdings nicht, RTL+ sitzt ja auch in Köln-Deutz und nicht in Hollywood. Es folgt ein schlimmer Satz: Trotzdem sieht das Ganze für einen deutschen Film erstaunlich gut aus. 

Hagen - Im Tal der Nibelungen

Die Regisseure Cyrill Boss und Philipp Stennert beweisen ein Händchen für gute Bilder, doch flüssige Inszenierung und Schauspielführung gehören nicht zu ihren Kernkompetenzen. Besonders Jannis Niewöhner, der mit seinen blondierten Strähnen und Boygroupfrisur aussieht, als hätte er sich ins falsche Jahrhundert verirrt, ist krass fehlbesetzt.

Hagen - Im Tal der Nibelungen

Zudem irritiert der Film immer wieder mit Sequenzen, die zusammenhangslos und wie aus einem Trailer zusammengeschnitten wirken. Da fragt man sich: Fehlt da etwas? Die einfache Antwort: Ja, und zwar jede Menge. Denn RTL+ hat das Ganze als sechsteilige TV-Serie konzipiert. Der Kinofilm ist nur eine Art Zweitauswertung, die lange Version gibt’s nächstes Jahr auf dem Bildschirm. Vielleicht bekommt Jörg Hartmann dann auch mehr als zwei Minuten Screentime.

Hagen - Im Tal der Nibelungen

Technisch und visuell ist HAGEN – IM TAL DER NIBELUNGEN durchaus ok und manchmal – wie beispielsweise in der Schlacht, in der Hagen sein Auge verliert – erreichen die Bilder sogar echte Größe. Was man von den Dialogen nie behaupten kann – die sind derart hölzern geschrieben und vorgetragen – es ist ein einziger Laientheatergraus. Bitte, bitte hdm. Wo ist die Mute-Taste im Kino, wenn man sie wirklich braucht?

INFOS ZUM FILM

Deutschland 2024
133 min
Regie Cyrill Boss und Philipp Stennert

Hagen - Im Tal der Nibelungen

alle Bilder © Constantin Film

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The Apprentice

THE APPRENTICE – THE TRUMP STORY

The Apprentice

THE APPRENTICE – THE TRUMP STORY

THE APPRENTICE bestätigt jedes Vorurteil, das man schon immer über Donald Trump hatte.

Ab 17. Oktober 2024 im Kino

Mit einer Mischung aus Dreistigkeit und Narzissmus zieht er seit Jahrzehnten die Aufmerksamkeit der Welt auf sich. Donald Trump – der Architekt einer neuen politischen Ära, in der Fakten zur Nebensache und Eigenlob zur Hauptdisziplin wurden. Nun also ein Film über seine Lehrjahre: THE APPRENTICE – der Titel ist natürlich an die erfolgreiche NBC-Show angelehnt, mit der Trump zwischen 2004 und 2015 weltberühmt wurde.

Viele Jahre zuvor war er selbst Auszubildender und hat beim Besten, bzw. Schlimmsten gelernt: Roy Cohn. Der skrupellose Anwalt, dessen unrühmliche Karriere an der Seite Joseph McCarthys in den 1950er-Jahren begann, war eine Schlüsselfigur in the making of The Donald. Sein Leitsatz: Attack, Delay, Deflect. Zu deutsch: Angreifen, Verzögern, Ablenken. Nach diesem Motto walzt Trump noch heute durch die politische Landschaft.

The Apprentice

Regisseur Ali Abbasi („Holy Spider“) lässt mithilfe von altem Dokumaterial, scheußlichen Perücken und einer liebevollen Ausstattung das korrupte und abgewirtschaftete New York der 70er-Jahre wiederauferstehen. Sebastian Stan als Donald Trump? Daran muss man sich erstmal gewöhnen. Aber der Schauspieler hat all die Manierismen, Blicke und Gesten des Originals derart verinnerlicht – man vergisst bald, dass dies nur ein inszenierter Spielfilm ist. Jeremy Strong fügt nach „Succsession“ seinem Portfolio einen weiteren schlimmen Roy hinzu und zeigt erneut, dass er die perfekte Besetzung für gequälte und quälende Arschlöcher ist.

The Apprentice

Geht Trump über Leichen? Hat er sich mit der Mafia zusammengetan? Hat er gar seine erste Frau Ivana vergewaltigt? Ja. Bestimmt. Eventuell. Trumpisten (die meisten wollen den Film sicher nicht sehen) werden sagen: alles Lüge! Ausser natürlich die Teile, in denen ihr Held als ebenso visionärer wie gewiefter Geschäftsmann rüberkommt. Gegner werden sagen: Wir haben es ja schon immer gewusst. So gesehen, stellt sich die Frage, welchen Erkenntniswert der Film hat. Die simple Antwort dürfte sogar Donald gefallen: THE APPRENTICE ist gut gemachtes, hervorragend gespieltes Entertainment.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „The Apprentice“
USA 2024
120 min
Regie Ali Abbasi

The Apprentice

alle Bilder © DCM

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The Beast

THE BEAST

The Beast

THE BEAST

Hier kommt ein durch und durch verkopftes Filmprojekt aus Frankreich, das vor allem intellektuell Hochbegabte begeistern wird.

Ab 10. Oktober 2024 im Kino

Aufgepasst Dummies, darum geht’s:
In 20 Jahren, also in naher Zukunft, haben die Menschen die Möglichkeit, ihre Gefühle zu löschen. Eine praktische Erfindung, besonders für Gabrielle (gespielt von Léa Seydoux, Frankreichs Expertin für komplexe Charakterrollen), die eine schwere emotionale Last mit sich herumträgt. Egal ob im Paris der Belle Époque oder im Los Angeles des 21. Jahrhunderts: Immer wieder begegnet die junge Frau verschiedenen Inkarnationen von Louis (gespielt von George MacKay) und erlebt mit ihm eine epochenübergreifende Liebesgeschichte. Wem dieser Inhalt irgendwie bekannt vorkommt – hier des Rätsels Lösung: Der Film basiert auf der Kurzgeschichte THE BEAST IN THE JUNGLE von Henry James. Die diente schon als Vorlage für den letztes Jahr in die Kinos gekommenen DAS TIER IM DSCHUNGEL, bei dem die Handlung allerdings in einen Nachtclub verlegt wurde.

The Beast

THE BEAST ist ein avantgardistisches Science-Fiction-Drama, das für den Durchschnittszuschauer schwer zugänglich sein dürfte. Bertrand Bonellos Film ist Kunst. Während die internationale Kritik von einem „modernen Klassiker“ und „Meisterwerk“ spricht, bleibt die Frage, wen die theaterhafte Inszenierung ansprechen soll. THE BEAST ist das Gegenteil eines strukturierten, flüssig erzählten Films. Bei all der Künstlichkeit meint man fast, die Crew außerhalb des Bildausschnitts zu erahnen. Das Ganze hat den Charme einer unfertigen Generalprobe, bei der der letzte Feinschliff fehlt.

The Beast

Zugegeben, Seydoux und MacKay (bekannt aus 1917) liefern schauspielerisch überzeugende Leistungen und machen THE BEAST wenigstens in dieser Hinsicht sehenswert. Doch das wahre Highlight des Films ist der Abspann: Anstelle einer endlos langen Liste von Namen erscheint lediglich ein QR-Code. Das ist mal wirklich innovativ.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „La Bête“
Frankreich / Kanada 2023
146 min
Regie Bertrand Bonello

The Beast

alle Bilder © Grandfilm

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Thelma

THELMA – RACHE WAR NIE SÜSSER

Thelma

THELMA – RACHE WAR NIE SÜSSER

Aus dem Weg Tom Cruise, ein neuer Actionstar ist in der Stadt.

Ab 10. Oktober 2024 im Kino

Die Komödie THELMA basiert auf genau einer Idee: Was wäre, wenn die Hauptfigur der MISSION: IMPOSSIBLE-Filme nicht Superspion Ethan Hunt alias Tom Cruise (auch schon 62), sondern eine 94-jährige Großmutter wäre. Das ist zwar originell und würde für einen schönen SNL-Sketch reichen, ob es aber für einen ganzen Film taugt, ist eine andere Frage.

Thelma

Natürlich schon sehr putzig, wenn eine leicht pummelige Oma (wunderbar gespielt von June Squib, 94) einen Schurken jagt, der sie mit dem fiesen Enkeltrick um 10.000 Dollar erleichtert hat. Wie Ethan Hunt wird auch sie bei ihrer (fast) unmöglichen Mission von einem Expertenteam unterstützt. Zum Beispiel von Enkel Daniel (Fred Hechinger), einem lebensuntüchtigen Slacker, dessen Computerkenntnisse aber durchaus nützlich sind. Oder Ben (Richard Roundtree), dem alten Freund aus dem Seniorenstift, der dank motorisiertem Rollstuhl die „Jagd“ überhaupt erst möglich macht.

Thelma

Hübsch wie Regisseur Josh Margolin die sehgewohnte Highspeedaction konsequent in seniorenadäquater Langsamkeit erzählt, das Ganze aber trotzdem mit einem treibenden Score unterlegt. Das ist alles niedlich und wenn man könnte, würde man nach dem Film gleich die eigene Oma anrufen und fragen, wie es ihr geht. Perfekt für einen harmlosen Kinonachmittag – ganz ohne Nervenkitzel, aber mit viel Herz.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Thelma“
USA 2024
99 min
Regie Josh Margolin

Thelma

alle Bilder © Universal Pictures International Germany

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Blink Twice

BLINK TWICE

Blink Twice

BLINK TWICE

Der Elevator Pitch zu BLINK TWICE: GET OUT meets THE WHITE LOTUS

Ab 22. August 2024 im Kino

Zoë Kravitz ist nicht nur Schauspielerin (BIG LITTLE LIES) und Tochter eines Rockstars, sondern jetzt auch noch Regisseurin. Und zwar eine erstaunlich versierte. Mit BLINK TWICE startet heute ihr Regiedebüt in den deutschen Kinos.

Tech-Milliardär Slater King (Channing Tatum) lebt umgeben von Freunden und Bediensteten auf einer luxuriösen Privatinsel. Die junge Nageldesignerin Frida (Naomi Ackie) und ihre Freundin Jess (Alia Shawkat) können ihr Glück kaum fassen, als sie nach einem kurzen Partyflirt in dieses Paradies eingeladen werden. Privatjet, Chillen am Pool, exquisite Abendessen, teure Kleidung und Drogen – die jungen, schönen Menschen genießen das Leben in vollen Zügen. Doch nach einigen Tagen beschleicht Frida ein beunruhigendes Gefühl: „Alle lächeln ständig, wie Stewardessen aus den 1960er-Jahren.“ Irgendetwas stimmt hier nicht. Warum verschwimmen die Tage zu einem endlosen Loop? Woher kommt der Dreck unter ihren Nägeln? Und warum nennt die Putzfrau sie ständig „Red Rabbit“? Die Antworten kommen langsam – und sie sind schmerzhaft.

Blink Twice

BLINK TWICE ist ein ausgesprochen effektiver Psychothriller mit Botschaft, der zudem noch richtig gut aussieht. Die leuchtenden Farben im Inselsetting bilden einen schönen Kontrast zur immer brutaler werdenden Geschichte. David Lynch lässt grüßen. Neben Naomi Ackie (zuletzt als Whitney Houston in I WANN DANCE WITH SOMEBODY zu sehen) stehen Channing Tatum, Christian Slater, Kyle MacLachlan und die lange nicht mehr gesehene Geena Davis vor der Kamera.

Blink Twice

Ein Missbrauchs- und Rache-Film, der Humor mit Elementen der #MeToo-Debatte verknüpft – eine Kombination, die es so noch nicht gegeben hat. Lange bleibt unklar, wohin die Reise geht, und BLINK TWICE erzeugt einen wunderbaren Schwebezustand, wie zwischen Traum und Erwachen. Diese ambivalente Stimmung hat Zoë Kravitz meisterhaft eingefangen. Wenn schließlich die Masken fallen, schlägt die somnambule Stimmung in brutalen Horror um – der Tagtraum wird zum Albtraum. Ein cleveres, ungewöhnlich gut gemachtes Regiedebüt – eine Empfehlung.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Blink Twice“
USA 2024
104 min
Regie Zoë Kravitz

Blink Twice

alle Bilder © Warner Bros. Pictures Germany

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ADIEU CHÉRIE - TRENNUNG AUF FRANZÖSISCH

ADIEU CHÉRIE – TRENNUNG AUF FRANZÖSISCH

ADIEU CHÉRIE - TRENNUNG AUF FRANZÖSISCH

ADIEU CHÉRIE – TRENNUNG AUF FRANZÖSISCH

Ein Hauch von SEX AND THE CITY weht durch Paris. Très charmant.

Ab 22. August 2024 im Kino

Es ist ständig zu heiß, der Job in der Redaktion langweilig, in der Ehe ist die Luft raus. Diane (Karin Viard) steckt mitten in einer heftigen Midlife-Crisis – oder sind es die Hormone?

In der putzigen französischen Komödie ADIEU CHÉRIE (im Original: „Nouveau Départ“ – Neubeginn) versucht eine Mittfünfzigerin, durch eine erfundene Affäre mit ihrem jüngeren Chef neue Leidenschaft in ihr Leben zu bringen. Zunächst klappt das hervorragend: Plötzlich darf sie statt über dröge Haushaltsgeräte Artikel über Sextoys schreiben, ihre Kolleginnen und Kollegen sehen sie mit neuen Augen und laden sie sogar in die beliebte WhatsApp-Partygruppe ein. Doch ihr Ehemann Alain (Franck Dubosc), ein Berufspianist, ist verständlicherweise wenig begeistert. Denn er liebt seine Frau über alles; die Krise ist nur einseitig.

ADIEU CHÉRIE – TRENNUNG AUF FRANZÖSISCH

Die Irrungen und Wirrungen der Ü-50-Jährigen kennt man glattgefiltert aus AND JUST LIKE THAT (der missglückten Fortsetzung zu SEX AND THE CITY). Das können die Franzosen besser. Natürlich ist ADIEU CHÉRIE in erster Linie eine Komödie, da müssen Dinge vereinfacht und übertrieben werden, trotzdem atmet Philippe Lefebvres Film genau die richtige Portion Realismus, die die Figuren und ihre Probleme nahbar macht.

ADIEU CHÉRIE – TRENNUNG AUF FRANZÖSISCH

Ein französisches Paar, die Kinder aus dem Haus, ein Spaziergang an der Seine, ein Gläschen Weißwein, ein Kinobesuch: ADIEU CHÉRIE wäre genau der passende Film dazu. Leichte französische Kost mit charmanter Besetzung – perfekt für einen lauen Sommerabend.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Nouveau Départ“
Frankreich 2022
100 min
Regie Philippe Lefebvre

ADIEU CHÉRIE – TRENNUNG AUF FRANZÖSISCH

alle Bilder © Happy Entertainment

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Horizon

HORIZON

Horizon

HORIZON

Der erste Teil einer geplanten vierteiligen Spielfilmsaga.

Ab 22. August 2024 im Kino

Unsere kleine Farm reloaded – das ist Kevin Costners gar nicht mal so epische Western-Saga in einem Satz zusammengefasst. HORIZON wirkt wie eine ordentlich produzierte TV-Serie, die mitten in der ersten Staffel endet. Erstaunlich wenig Cinemascope, dafür viele Medium- und Naheinstellungen, der Film scheint mehr für den Bildschirm als die große Leinwand gemacht.

Horizon

HORIZON schildert die Geschichte weißer Amerikaner, die auf ihrem Weg nach Westen die Gebiete der Apachen besiedeln. Diese wehren sich natürlich gegen die Invasion ihres Landes. Die klassischen Westernzutaten sind alle da: rachsüchtige Indianer, edle Siedler, Mord, Verrat und Rache. Doch gerade diese soapige Anhäufung von Klischees macht den Film so mittelmäßig. Musik, Kamera und Schauspiel sind gehobener Durchschnitt, weder weltbewegend noch innovativ. Wenn überhaupt, dann gibt es hier und da Ausrutscher nach unten. Immerhin: Langweilig ist das nicht. Costner weiß, wie man Spannung erzeugt und die Zuschauer emotional einbindet. 

Horizon

Mit ein bisschen Konzentration lässt sich sogar verstehen, wer wer ist und wie die Figuren zusammenhängen, was nicht einfach ist, da in 181 Minuten ein ganzes Regiment an Charakteren einführt wird. Neben Kevin Costner sind Sienna Miller und Sam Worthington in weiteren Hauptrollen zu sehen. Am Ende gibt ein Teaser einen Ausblick auf die kommenden Teile. Das verwirrt allerdings noch mehr, da Figuren gezeigt werden, die bisher noch gar nicht aufgetaucht sind. Uff.

Es bleibt abzuwarten, wann die nächsten Teile in die Kinos kommen oder ob Costner mit seinem Herzensprojekt schon in den Startlöchern steckengeblieben ist. HORIZON CHAPTER 1 war zumindest in Amerika ein veritabler Flop. Vielleicht kann es ja das europäische Publikum noch retten.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Horizon – An American Saga – Chapter 1“
USA 2024
181 min
Regie Kevin Costner

Horizon

alle Bilder © TOBIS

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Sonnenplätze

SONNENPLÄTZE

Sonnenplätze

SONNENPLÄTZE

Familienkomödie mit Tiefgang. Aaron Arens überzeugt mit seinem Spielfilmdebüt.

Ab 22. August 2024 im Kino

Ganz schlecht: Sam (Julia Windischbauer) hat gerade ihren ersten Roman vollendet, doch ihre hippe Verlegerin zeigt kein Interesse. Als dann noch ihr Freund höflich um eine Auszeit bittet, klaut sich Sam entnervt die Schlüssel zum Familienferienhaus auf Lanzarote. Mit im Schlepptau, ihr hochbegabter Pianistenbruder Frederick (Jeremias Meyer). Zu ihrer großen Überraschung treffen die Geschwister vor Ort ihren Vater (Niels Bormann), kurz darauf kreuzt auch noch ihre Mutter (Juliane Köhler) mit ihrem jungen Liebhaber auf – Die Familienaufstellung kann beginnen.

Sonnenplätze

Wie schon Anna Gavalda wusste: Gemeinsam ist man weniger allein. Doch Gesellschaft kann auch gehörig nerven – besonders die der eigenen Familie. Und noch mehr, wenn sich die Eltern wie pubertierende Teenager benehmen. Das Erwachsenwerden ist eben in jedem Alter eine Herausforderung.

Sonnenplätze

Das Regiedebüt des Schweizers Aaron Arens, der gemeinsam mit Lukas Loose das Drehbuch geschrieben hat, ist eine kleine Perle. Der Film hat gut geschriebene Dialoge, Scharfsinn und Witz. Und vermeidet die üblichen Klischees, die den Zuschauern bei diversen Sonntags-, Mittwochs- oder Freitagsfilmen auf den öffentlich-rechtlichen Sendern serviert werden. Mit Ausnahme von Juliane Köhler sind die Schauspieler weitgehend unbekannt, was den Film noch frischer und authentischer macht. Gut.

INFOS ZUM FILM

Deutschland 2023
92 min
Regie Aaron Arens

Sonnenplätze

alle Bilder © Filmwelt Verleihagentur

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More than strangers

MORE THAN STRANGERS

More than strangers

MORE THAN STRANGERS

Kammerspiel auf kleinstem Raum: Fünf Fremde unterschiedlicher Nationalitäten in einem Auto unterwegs von Berlin nach Paris.

Ab 22. August 2024 im Kino

Wer zu Mauerzeiten von Westdeutschland nach Berlin wollte oder umgekehrt und finanziell eingeschränkt war, nutzte bevorzugt die Mitfahrt in einem Pkw mit Fremden. Dazu gab es (passenderweise) in einem U-Bahnhof die sogenannte „Mitfahrzentrale“, die Älteren erinnern sich. In meist schrottigen Autos saß man dann viele Stunden zu dritt auf die Rückbank gequetscht und hoffte, dass der Herr bald Abend werden ließe.

Diese besondere Reiseform ist dank Deutschlandticket und Billigfliegern zwar aus der Mode gekommen, aber sie existiert noch, vor allem als Konzept in der Filmwelt. Denn die Kombination aus Roadmovie und Kammerspiel ist für Drehbuchautoren und Regisseure zu verlockend.

More than strangers

In MORE THAN STRANGERS geht die Fahrt von Berlin nach Paris in einer – die Zeiten ändern sich – brandneuen Audi-Elektro-Limousine. Das Ziel der Reise ist dabei von untergeordneter Bedeutung. Wichtiger ist, wie sich unterwegs die Dynamik innerhalb einer bunt zusammengewürfelten Zwangsgemeinschaft entwickelt.

More than strangers

Hier treffen fünf Charaktere unterschiedlicher Nationalitäten aufeinander: Die Griechin Sophia (Smaragda Karydi) will weg von ihrem Mann, Julia (Julie Kiefer) hat Stress im Job. Der Fahrer Patrick (Cyril Gueï) soll das Auto nach Paris überführen und versucht, rechtzeitig bei seiner hochschwangeren Freundin zu sein. George (Léo Daudin) ist ein DJ auf der Flucht vor der Polizei, der entspannte Kiffer Chris (Samuel Schneider) versucht die Gruppe mit seiner Sozialkompetenz zusammenzuhalten. Im beengten Wageninneren prallen die unterschiedlichsten Bedürfnisse und Meinungen aufeinander. Kein Wunder, dass die Harmonie nicht lange hält. 

More than strangers

Das Interessanteste an Sylvie Michels zweitem Langfilm ist der Sprachmix der verschiedenen Nationen; die Konflikte und Missverständnisse der Protagonisten sind dagegen weniger aufregend oder allzu interessant. Dazu kommt ein anstrengender Soundtrack, der die Ohren quält – man wünscht sich, der Fahrer möge den Sender wechseln. So hat MORE THAN STRANGERS vor allem eins mit den Mitfahrgelegenheiten von früher gemein: Man ist froh, wenn die Reise endlich vorbei ist.

INFOS ZUM FILM

Deutschland / Griechenland 2023
100 min
Regie Sylvie Michel

More than strangers

alle Bilder © W-FILM

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Alien: Romulus

ALIEN: ROMULUS

Alien: Romulus

ALIEN: ROMULUS

Alien-Fans können sich freuen: Mit ROMULUS kehrt der Horror in den Weltraum zurück.

Ab 15. August 2024 im Kino

Alien: Romulus

Für ALIEN: ROMULUS müsste fast ein neues Genre erfunden werden. Oder wie nennt man einen Film, der in einer Reihe nach dem Original, aber vor der Fortsetzung spielt? „Pequel“ vielleicht? Für alle, die die letzten 45 Jahre unter einem Stein gelebt haben (ja, ALIEN kam tatsächlich 1979 in die Kinos), hier eine kurze Zusammenfassung:

ALIEN (1979): In Ridley Scotts Sci-Fi-Horror-Klassiker empfängt die Crew des Raumfrachters Nostromo ein Notsignal von einem fremden Planeten. Dort entdeckt sie ein Ei, aus dem ein tödlicher Xenomorph schlüpft. Die Kreatur dezimiert die gesamte Besatzung, bis nur noch Ellen Ripley übrig bleibt. ALIEN überzeugt noch heute durch seine unheimliche Atmosphäre und das ikonische Creature-Design von H.R. Giger.

ALIENS (1986): In James Camerons Fortsetzung erwacht Ripley nach 57 Jahren aus dem Kälteschlaf und wird mit einer Gruppe Marines auf eine Rettungsmission geschickt. Diesmal muss sie gegen eine ganze Horde Aliens kämpfen, inklusive Alien-Queen. Manche halten die Fortsetzung für besser als das Original.

Und nun bringt ROMULUS die Geschichte zwischen diesen beiden Filmen, jedoch ohne Ellen Ripley, auf die Leinwand. Vergessen wir die missglückten Fortsetzungen ALIEN 3 und ALIEN – DIE WIEDERGEBURT und auch Ridley Scotts Prequels PROMETHEUS und COVENANT, die ohnehin keiner verstanden hat. ROMULUS – und das ist die wirklich gute Nachricht – kehrt zu den Wurzeln zurück: Der Film ist ein spannendes Mashup aus den ersten beiden Teilen  und hat ein paar wirklich böse Überraschungen in petto.

Alien: Romulus

Die Computerbildschirme sehen aus wie in den 70er-Jahren, das vertraute Sounddesign ist wieder da, und sogar der Vorspann könnte direkt aus dem Original stammen – alles schön analog. Passend dazu sieht das Monster (oder besser: die Monster) wieder schrecklich echt aus, auf künstlich wirkende CGI-Effekte wird weitgehend verzichtet.

Alien: Romulus

Unter den drei ernstzunehmenden Alien-Filmen reiht sich ROMULUS als der drittbeste nach ALIEN und ALIENS ein. Auf Regisseur Fede Álvarez ist Verlass. Wie schon in seinem gelungenen EVIL DEAD-Reboot (2023) findet er die perfekte Balance zwischen Fanservice und frischen Ideen. Ihm gelingt es, das totgeglaubte Franchise mit einer packenden Story und tollen Effekten wieder aufregend zu machen. Ein Muss für Fans.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Alien: Romulus“
USA 2024
119 min
Regie Fede Alvarez

Alien: Romulus

alle Bilder © Walt Disney Company Germany

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Nur noch ein einziges Mal

NUR NOCH EIN EINZIGES MAL

Nur noch ein einziges Mal

NUR NOCH EIN EINZIGES MAL

Kein Mord, keine Verfolgungsjagd, keine Schießerei? Das kann nur eins bedeuten: Es ist Chick-Flick-Zeit.

Ab 15. August 2024 im Kino

Frauen und ihr unguter Hang zu bad boys: In IT ENDS WITH US (Originaltitel) beginnt Lily (Blake Lively) nach einer schwierigen Kindheit mit einem gewalttätigen Vater ein neues Leben in Boston. Als sie sich in den charmanten Ryle (Justin Baldoni, der auch Regie führt) verliebt, bemerkt sie, dass sie vom Regen in die Traufe kommt. Der Kreislauf der Gewalt setzt sich fort. Die gefährliche Mischung aus Begehren, Eifersucht und Gewalt eskaliert, als Lily zufällig ihrer ersten Liebe Atlas (Brandon Sklenar) über den Weg läuft.

Das war jetzt ganz schön viel Text für die Inhaltsangabe einer Edel-Schmonzette. Kürzer gesagt: Schöne Menschen in schöner Umgebung mit unschönen Problemen.

Nur noch ein einziges Mal

NUR NOCH EIN EINZIGES MAL entführt in eine Welt, wie es sie nur in den USA gibt: Frauen, die sich gerade kennengelernt haben, sind nach wenigen Tagen beste Freundinnen. Heiße Typen mit Waschbrettbauch sind reich, charmant und Neurochirurgen. Damit man kapiert, dass Ryle zwar gut aussieht, aber eine kurze Zündschnur hat, zerdeppert er gleich in seiner ersten Szene einen unschuldigen Gartenstuhl. Wenigstens ist die Welt, in der die papierdünnen Charaktere leben, visuell ansprechend: Lilly heißt mit Nachnamen Bloom und hat – richtig – einen Blumenladen. Und der sieht wie der ultimativ feuchte Boho-Traum eines Floristen aus.

Nur noch ein einziges Mal

Da Blake Livelys real-life-husband Ryan Reynolds heißt und gerade das Sommerblockbusterkino mit DEADPOOL & WOLVERINE rettet, versucht die US-Presse schon eine Neuauflage von „Barbenheimer“ herbeizuschreiben. Wieder kämpfen ein „Männerfilm“ und ein „Frauenfilm“ um die Spitze der Kinocharts. Nur mit dem Unterschied, dass keiner der beiden diesjährigen Kandidaten auch nur in die Nähe einer Oscarnominierung gelangen dürfte.

NUR NOCH EIN EINZIGES MAL ist okay gemacht, leidlich unterhaltsam und richtet sich in erster Linie an ein weibliches Publikum oder wenigstens an die innere Frau im Mann. Ein Liebesdrama, das sich am besten beim Bügeln wegschauen lässt.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „It ends with us“
USA 2024
131 min
Regie Justin Baldoni

Nur noch ein einziges Mal

alle Bilder © Sony Pictures Germany

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Gagarin

GAGARIN

Gagarin

GAGARIN

Ein französischer Heimatfilm der anderen Art

Ab 15. August 2024 im Kino

Text: Anja Besch

Einst Prestige-Projekt des sozialen Wohnungsbaus der 1960er, verelendet die mittlerweile marode Pariser Vorortsiedlung „Cité Gargarine“ (benannt nach dem ersten Mann im All) durch Asbest, Betonkrebs und Spekulantentum.

Ein glühender Bewunderer des sowjetischen Kosmonauten und eine wahre Lichtgestalt unter den Bewohnern ist der 16-jährige Yuri (Alséni Bathily). Ob beim Sonnenfinsternis-Hoffest, Perforieren von Fensterläden oder Reparieren der kaputten Flurbeleuchtung mit Lampen vom Schrotthändler (Denis Lavant). Trotz seiner Bemühungen und der seiner Nachbarn – dem Roma-Mädchen Diana (Lyna Khoudri), der patenten Fari (Farida Rahouad) und dem Kleinganoven Dali (Finnegan Oldfield) – den staatlichen Inspektoren Funktionalität vorzutäuschen, wird der Abriss des gigantischen Häuserblocks entschieden. Während der Countdown zur Sprengung läuft, denkt Youri in seiner selbstgetüftelten Raumstation partout nicht daran, als letzter das Licht auszumachen.

Endlich einmal kein freudloses Sozialdrama als Zwangsresultat einer Jugend in der Platte. Was unter der Regie von Fanny Liatard und Jérémy Trouilh (basierend auf ihrer Doku von 2014) entstand, ist eine der berührendsten Verfilmungen von „es war nicht alles schlecht“ seit langen. Um Erwachsenwerden, Zusammenhalt und Hoffnung. Mit träumerischen Weltraumsequenzen und echtem Astro-Archivmaterial, einer neorealistischen Kulisse und einem fulminanten Finale.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Gagarine“
Frankreich 2020
95 min
Regie Fanny Liatard & Jérémy Trouilh

Gagarin

alle Bilder © Polyfim Verleih

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LONGLEGS

LONGLEGS

LONGLEGS

LONGLEGS

Horror mit Nicolas Cage zum Einschlafen.

Ab 08. August 2024 im Kino

Longlegs

Schon die Grundidee löst heftiges Augenrollen aus: FBI-Agentin Lee (Maika Monroe) verfügt über hellseherische Fähigkeiten. So weit, so doof. Ihr Chef betraut sie mit dem Fall eines verrückten Serienmörders, der sich aus Gründen, die niemand versteht (auch der Zuschauer nicht), „Longlegs“ nennt und ganze Familien mit Töchtern, die denselben Geburtstag wie Lee haben, massakriert. Natürlich – so sind die Regeln des Serienkillergenres – soll Lee sein nächstes Opfer werden.

Longlegs

Der Film klaut schamlos: DER ROTE DRACHE, ZODIAC, DAS SCHWEIGEN DER LÄMMER – die Liste ist lang. Ein Mix aus recycelten Ideen kann ja ganz unterhaltsam sein, LONGLEGS ist es nicht. Das liegt vor allem am valiumösen Spiel der Hauptdarstellerin. Der Vergleich zu Jodie Foster als Clarice Starling drängt sich auf, doch fehlt Maika Monroe jeglicher Charme und inneres Feuer. Longlegs selbst wird von Nicolas Cage in Drag mit schlechter Maske und weißer Perücke gespielt. Der Ausnahmeschauspieler ist in der Rolle nicht nur völlig unterfordert, sondern – und das ist das größere Problem – schlicht nicht besonders furchterregend.

Longlegs

Vollkommen unverständlich, weshalb ein Großteil der US-Presse den Film in den höchsten Tönen lobt und sogar vom „besten Horrorfilm des Jahres“ spricht. Regisseur und Drehbuchautor Oz Perkins (Sohn von PSYCHO-Star Anthony Perkins) verwechselt TRUE DETECTIVE-Coolness mit quälender Langeweile. Einzig die Kamera und die unheimliche Grundstimmung machen den Film halbwegs sehenswert. Ansonsten: Skip.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Longlegs“
USA 2024
101 min
Regie Oz Perkins

Longlegs

alle Bilder © DCM

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The Dead don't hurt

THE DEAD DON’T HURT

The Dead don't hurt

THE DEAD DON’T HURT

Western sind das neue Schwarz. Bevor Kevin Kostner die Zuschauer mit seinem 3-Stunden-Epos HORIZON herausfordert, schwingt Vicky Krieps emanzipiert den Colt.

Ab 08. August 2024 im Kino

The dead don't hurt

Once upon a time in the Wild Wild West: Die junge, unabhängige Vivienne Le Coudy (Vicky Krieps) verguckt sich in den dänischen Einwanderer Holger Olsen (Viggo Mortensen). Gemeinsam siedeln die beiden von San Francisco in ein Haus in the middle of nowhere um. Als Olsen freiwillig in den Bürgerkrieg zieht, bleibt Vivienne alleine zurück. Gefährliche Zeiten, denn besonders der gewalttätige Weston (Solly McLeod), Sohn eines mächtigen Ranchers, macht ihr das Leben zur Hölle.

The dead don't hurt

Der Western feiert ein Comeback, wiedermal. Nur zwei Wochen vor Kevin Costners HORIZON, dem ersten Kapitel einer ambitionierten vierteiligen Saga, kommt THE DEAD DON’T HURT in die deutschen Kinos. Mit seiner zweiten Regiearbeit betritt Viggo Mortensen keine neuen Pfade. Die Versatzstücke Saloon, tapferer Sheriff und schießwütiger Bösewicht kennt man spätestens seit HIGH NOON in allen Varianten –  fehlt nur noch eine kriegerische Rothaut. Eine verschachtelte Erzählstruktur mit ständig wechselnden Zeitebenen macht das Drama unnötig kompliziert. Das langsame Tempo und die sehr großzügige Laufzeit von 129 Minuten arbeiten zudem eher gegen den Film. 

The dead don't hurt

Ein milder Western, der Bekanntes zitiert, es aber – und das ist neu – in eine zärtliche Liebesgeschichte bettet. Knallende Cowboys und geprügelte Barpianisten kommen zwar auch hier vor (Standards, die seit Opas Kintopp nicht fehlen dürfen), aber immerhin hebt sich THE DEAD DON’T HURT dank einer emanzipierten Frauenfigur, exzellent von Vicky Krieps verkörpert, um eine Pistolenlänge über den Durchschnitt.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „The Dead don’t hurt“
USA 2024
129 min
Regie Viggo Mortensen

The dead don't hurt

alle Bilder © Alamode Film

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Berlin Nobody

BERLIN NOBODY

Berlin Nobody

BERLIN NOBODY

Bleierne Langeweile und schlechtes Schauspiel in einer kruden Geschichte um eine Berliner Sekte sind die Zutaten für diesen Quatsch-Film.

Ab 01. August 2024 im Kino

Der Sozialpsychologe Ben Monroe (Eric Bana im Liam Neeson-Modus) zieht von Kalifornien nach Berlin. Bei der Recherche zu seinem neuen Buch über die Gefahren des Gruppendenkens gerät er in Kontakt mit einer obskuren Sekte. Deren charismatische Leiterin Hilda (Sophie Rois) will die Menschheit von sich selbst befreien. Mittendrin Bens pubertierend schlecht gelaunte Tochter Mazzy (Sylvia Hoeks).

Berlin Nobody

Die große Lustlosigkeit. Mit Leidenschaft oder wenigstens mildem Interesse scheint hier niemand bei der Sache gewesen zu sein. Das fängt mit dem desaströsen Drehbuch voller Logikfehler und absurder Zufälle an, geht weiter mit einer uninspirierten Kamera und endet bei einer freudlosen Inszenierung. Ridley Scott hat seiner Tochter offensichtlich nichts von seinem Talent vererbt. Jordan Scott, die hier ihren zweiten Spielfilm als Regisseurin realisiert, ist höchstens Beweis dafür, dass mit der falschen Regie auch hervorragende Schauspieler wie Jonas Dassler oder Sophie Rois richtig schlecht sein können.

Berlin Nobody

Es beginnt auf niedrigem TATORT-Niveau und verschlimmert sich stetig bis zum lachhaften Ende. Einzig Volker Bertelmanns stimmungsvolle Musik ist positiv zu erwähnen. BERLIN NOBODY bietet nichts, was man nicht schon kennt oder in besser gesehen hat. Es ist einer dieser nichtssagenden Filme, die man beim Anschauen vergisst. Nach 87 Minuten setzt der Abspann ein. Zum Glück.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „A Sacrifice“
USA 2024
95 min
Regie Jordan Scott

Berlin Nobody

alle Bilder © SquareOne Entertainment

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Was will der Lama mit dem Gewehr?

WAS WILL DER LAMA MIT DEM GEWEHR?

Was will der Lama mit dem Gewehr?

WAS WILL DER LAMA MIT DEM GEWEHR?

Punktabzug für den ungeschickten deutschen Titel, der wie ein Karnevals-Hit aus den 70ern klingt.

Ab 01. August 2024 im Kino

Was will der Lama mit dem Gewehr?

Funfact: Bhutan erhielt 2006 als letztes Land der Welt Internetzugang. Um sein Reich ins 21. Jahrhundert zu führen, trat sogar der König zurück und ermöglichte so die Demokratisierung. THE MONK AND THE GUN (der simple, aber treffende Originaltitel) spielt in dieser bedeutsamen Zeit, als Wahlbeamte in abgelegene Regionen reisten, um den Menschen das System der Stimmabgabe zu erklären.

Was will der Lama mit dem Gewehr?

Ein älterer Lama (Kelsang Choejey) erkennt, dass ein tiefgreifender Wandel bevorsteht und ist über die möglichen Konsequenzen für die einfache Landbevölkerung besorgt. Er beauftragt seinen jungen Schüler Tashi (Tandin Wangchuk) mit einer ungewöhnlichen Mission: Vor dem nächsten Vollmond soll er zwei Gewehre ins Kloster bringen, um „alles in Ordnung zu bringen“. Tashis Suche führt ihn zu einem amerikanischen Waffensammler namens Ron, ausgesprochen schlecht von Harry Einhorn gespielt, was zu unerwarteten Komplikationen führt.

Was will der Lama mit dem Gewehr?

Obwohl WAS WILL DER LAMA MIT DEM GEWEHR? nicht gerade vor Spannung strotzt – man könnte eher von gepflegter Langeweile sprechen – überzeugt er durch den Charme seiner Figuren. Es plätschert dahin, ohne tiefere Erkenntnisse zu bringen. Regisseur Pawo Choyning Dorji inszeniert diese seltsam flache, aber nicht unsympathische Geschichte als Komödie und trifft dabei nicht immer den richtigen Ton. Die Grenze zwischen humorvoll und albern verschwimmt mitunter. Immerhin hat er mit seinem Film ganz nebenbei ein neues Genre geschaffen: die Arthouse-Klamotte.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „The Monk and the Gun“
Bhutan / Taiwan / Frankreich / USA 2023
107 min
Regie Pawo Choyning Dorji

Was will der Lama mit dem Gewehr?

alle Bilder © MFA+ FilmDistribution

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Tatami

TATAMI

Tatami

TATAMI

Frauenpower im Würgegriff – Martial Arts auf höchstem Niveau

Ab 01. August 2024 im Kino

Text: Anja Besch

Trotz des japanischen Titels ist „Tatami“ kein Mangamovie, sondern ein buchstäblich umwerfender Sport-Polit-Thriller, der auf der gleichnamigen Judomatte tobt.

Während der Weltmeisterschaft im georgischen Tiflis macht sich die iranische Sportlerin Leila (Arienne Mandi) berechtigte Hoffnung auf die Goldmedaille und ist angetrieben von ihrer Trainerin (Zar Amir Ebrahimi, die neben Guy Nattiv auch als Co-Regisseurin fungierte) in der Form ihres Lebens. Ebenso wie ihre israelische Kontrahentin. Dem Erzfeind im Finale möglicherweise zu unterliegen, ist jedoch nichts, was das despotische Mullah-Regime dulden kann, und so wird Laila Runde um Runde per Telefon, durch anwesende Geheimdienstler und sogar ihre eigene Trainerin drangsaliert, den Wettkampf aufgrund einer vermeintlichen Verletzung aufzugeben.

Der Film basiert auf einem tatsächlichen Ereignis, das sich 2018 in Tokio zugetragen hat, und wurde aus naheliegenden Gründen einer weiblichen Hauptfigur angepasst, die trotz oder gerade wegen ihrer Rolle als Frau zur Widerstandskämpferin wird. Eine Weltbühne in schwarz/weiß, gedreht in fast quadratischem 4:3 Format. Beklemmende Szenen in einsamen Umkleiden und labyrinthischen Gängen. Nahkampf in mitreißenden Schnitten. Wie man das Prinzip des Judos „siegen durch nachgeben“ für sich selber auslegen würde, ist die Frage, die einen noch lange nach diesem gleichermaßen spannenden wie existenziellen Film beschäftigen dürfte.

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Originaltitel „Tatami“
Georgien / USA 2023
106 min
Regie Zar Amir Ebrahimi & Guy Nattiv

Tatami

alle Bilder © Wild Bunch Germany

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DEADPOOL & WOLVERINE

DEADPOOL & WOLVERINE

DEADPOOL & WOLVERINE

DEADPOOL & WOLVERINE

Können DEADPOOL & WOLVERINE das MCU retten?

Ab 25. Juli 2024 im Kino

Der Sommer ist da und damit verlässlich wie die Kuckucksuhr, jede Menge Sequels und Prequels in den Kinos. Neben einer Neuauflage von TWISTERS und der Fortsetzung zu INSIDE OUT wird auch der dritte Teil des Deadpool-Franchise zu einem garantierten Kassenhit.

Deadpool & Wolverine

DEADPOOL & WOLVERINE ist der einzige Film, den die Marvelstudios 2024 in die Kinos bringen. Das liegt zum einen an den Streiks im letzten Jahr (es wurde schlicht nichts produziert), hat aber vor allem einen Grund: Die letzten Superheldenfilme waren ausnahmslos veritable Flops. Zumindest im Vergleich zu den Milliarden Dollar generierenden Hits der MCU-Hochzeit. Nicht nur finanziell, auch künstlerisch war den Superhelden und Heldinnen zuletzt die Puste ausgegangen. Statt Abenteuer und Charme gab es immer komplizierter werdende Multiverse-Storylines im unattraktiven Videogame-Look. Ein Reset war nötig. Und Deadpool soll es richten. Dass der überhaupt noch existiert, ist vielleicht die größte Überraschung. Nachdem Marvel vom kinderfreundlichen Mäuse-Konzern Disney gekauft wurde, schienen die Tage des politisch unkorrekten, dauerfluchenden Antihelden gezählt.

Deadpool & Wolverine

Mit Multiverse geht es bei DEADPOOL & WOLVERINE trotzdem erstmal weiter. In einer putzigen ersten halben Stunde versucht der sarkastische Superheld seinen toten Kumpel Wolverine zu reaktivieren. Bei einem Trip durch diverse Parallelwelten trifft er dabei auf unterschiedliche Versionen des von Hugh Jackman verkörperten X-Man. Die beiden müssen sich gegen eine tödliche (was sonst?) Bedrohung zusammentun, die das komplette Multiversum zerstören will. Man drückt als Zuschauer die Daumen, dass das mit der Zerstörung glückt, damit es danach vielleicht mal wieder ein paar neue Drehbuchideen gibt.

Deadpool & Wolverine

Third time‘s a charme. Nicht, dass Teil 1 und 2 nicht auch unterhaltsam gewesen wären. Aber der dritte Teil setzt noch mal einen drauf. Möglicherweise einen zu viel, denn das Dauerfeuerwerk aus Gags und Insider-Jokes ist auf Dauer auch anstrengend. Aber natürlich funktioniert die erprobte Mischung aus sarkastischem Humor und ultrabrutalen Actionszenen nach wie vor, der größte Trumpf ist ganz klar die Rückkehr von Hugh Jackman als Wolverine. Der australische Schauspieler, der eigentlich die Rolle seines Lebens vor sieben Jahren in LOGAN buchstäblich zu Grabe getragen hat, ließ sich von Ryan Reynolds und (mutmaßlich) viel Geld überreden. Zum Glück. Denn der stoische X-Man und das aufgedrehte Lästermaul Deadpool sind ein perfektes odd-couple.

Deadpool & Wolverine

Inhalt ist eher Nebensache, dafür erfreut DEADPOOL & WOLVERINE mit unzähligen Cameo-Auftritten diverser Stars, viel Metaebenengeschacher und dem Durchbrechen der vierten Wand (ein Markenzeichen der DEADPOOL-Filme). Die Geschichte einer ungewöhnlichen Freundschaft hat zwar ein paar Längen und möglicherweise kann man sich fragen, ob nicht ein „sie schlagen sich, aber sie mögen sich trotzdem“-Kampf gereicht hätte (es gibt drei), doch insgesamt ist der einzige Marvel-Film in diesem Jahr die volle Ladung Sommer-Popcorn-Kino und um Längen besser als alles, was zuletzt aus dem MCU geflattert kam.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Deadpool & Wolverine“
USA 2024
127 min
Regie Shawn Levy

Deadpool & Wolverine

alle Bilder © 20th Century Studios / Marvel

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