THE HOLDOVERS

THE HOLDOVERS

Ab 25. Januar 2024 im Kino

Ein schlecht gelaunter Professor, ein rebellischer Teenager und eine trauernde Köchin bilden eine Zwangsgemeinschaft zu Weihnachten. Alexander Payns neuer Film kommt auf den Tag genau einen Monat zu spät in die Kinos. Aber weil THE HOLDOVERS ein moderner Klassiker ist, kann man sich den auch im Januar noch gut anschauen.

Schnee rieselt, der Baum ist geschmückt, es weihnachtet sehr. Doch im Elite-Internat Barton Academy ist zum Jahresende 1970 die Stimmung alles andere als festlich. Der bösartige, von Schülern wie Kollegen gehasste Lehrer Paul Hunham (Paul Giamatti) hat die undankbare Aufgabe, sich über die Feiertage um die „Überbleibsel“ (The Holdovers) zu kümmern, also jene Schüler, die nicht zu ihren Familien fahren konnten oder durften. In diesem Jahr bleibt am Ende nur der hochintelligente Einzelgänger Angus (Dominic Sessa) in seiner Obhut. Zusammen mit Kantinenköchin Mary (Da’Vine Joy Randolph) bildet die Zwangsgemeinschaft eine Art Ersatz-Familie, wenn auch auf begrenzte Zeit.

Das Leben ist hart

THE HOLDOVERS könnte ebenso gut aus der HAROLD AND MAUDE-Zeit stammen. Regisseur Alexander Payn erzeugt ein perfektes 70er-Jahre-Feeling ohne Klischees oder einen aufdringlichen Zeitgeist-Soundtrack. Es fängt schon beim altmodischen Universal-Logo an, geht über die hässlichen, aber sehr authentischen Titel-Einblendungen, bis hin zur perfekten Ausstattung samt Kostüme. Einen Glücksgriff hat Payne mit seinem bislang unbekannten Hauptdarsteller Dominic Sessa getan. Der steht hier zum allerersten Mal vor einer Kamera. Unglaublich. Dass er nebenbei auch noch wie die jugendliche Version von Donald Sutherland aussieht, macht die Reise in die 70er noch überzeugender. (Fragt sich, wieso die Macher vom TRIBUTE VON PANEM-Prequel den nicht auf dem Schirm hatten). Daneben der immer hervorragende, hier oscarreif spielende Paul Giamatti. Regisseur und Schauspieler verbindet eine lange Geschichte. Schon vor 20 Jahren stand Giamatti in SIDEWAYS für Payn vor der Kamera. Die in diesem Jahr mit dem Golden Globe für die beste Nebenrolle ausgezeichnete Da’Vine Joy Randolph vervollständigt das Trio als patente und großherzige Köchin, die mehr Tragik in sich trägt, als es auf den ersten Blick scheint.

Das Leben ist hart und THE HOLDOVERS macht daraus keinen Hehl. Die Weihnachtsgeschichte vom mürrischen Giftzwerg, der sich zum emphatischen Menschen wandelt, ist oft rührend, aber nie rührselig. Payne ist ein moderner Klassiker geglückt – bewegend, toll gespielt und mit viel authentischer 70er-Jahre-Atmosphäre. Unbedingt ansehen. 

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „The Holdovers“
USA 2023
133 min
Regie Alexander Payn

alle Bilder © Universal Pictures International Germany

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FAST PERFEKTE WEIHNACHTEN

FAST PERFEKTE WEIHNACHTEN

Ab 07. Dezember 2023 im Kino

Locker-leichte französische Komödie um ein Weihnachtsfest mit Hindernissen.

Perfekte Tischdeko, perfekter Baum, perfektes Fest. Weihnachten ist Vincent Barand heilig. Doch die Kinder sind erwachsen, haben andere Pläne oder müssen arbeiten. Die Feiertage alleine mit seiner Frau verbringen? Ausgeschlossen. „Weihnachten soll nicht romantisch sein, es ist das Fest der Familie.“ Vincent beschließt, sich im örtlichen Altenheim zwei einsame Bewohnerinnen auszuleihen. Doch Monique und ihre beste Freundin, die hemdsärmelige Jeanne, machen es sich bei ihren Gastgebern sehr schnell etwas zu gemütlich. Die stille Nacht, heilige Nacht droht im Chaos zu enden.

Am stärksten ist die Komödie in ihren melancholischen Momenten

FAST PERFEKTE WEIHNACHTEN ist eine französische Komödie, die alles andere als perfekt ist. Dazu kippt die Story zu oft in Klamottige. Das ist schade, denn in den ruhigeren Szenen zeigt sich, was die hervorragende Besetzung drauf hat. Highlight des Films ist Emmanuelle Devos als Ehefrau Beatrice, der Christi Geburt herzlich egal ist und die gerne auf die nervige Gesellschaft der Seniorinnen verzichten würde. Franck Dubosc spielt den peniblen Weihnachtsenthusiasten angenehm zurückgenommen, sein Vincent wird nie zur Karikatur. Die Seniorinnen Danièle Lebrun und Danielle Fichaud sind okay, werden aber vom Drehbuch gezwungen, viele alberne Dinge tun. Besonders am Ende soll es mit aller Gewalt zu Herzen gehen, doch das wirkt dann komplett übertrieben und unglaubwürdig.

„Früher war mehr Lametta!“ – Weihnachten bedeutet für rund 14 Prozent der Deutschen puren Stress. Da kann ein bisschen Lachen bestimmt nicht schaden. Am stärksten ist die Komödie allerdings in ihren melancholischen Momenten, die Regisseur Clément Michel ohne Kitsch inszeniert. FAST PERFEKTE WEIHNACHTEN schaut sich gut weg, hinterlässt aber keinen bleibenden Eindruck.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Noël Joyeux“
Frankreich 2023
97 min
Regie Clément Michel

alle Bilder © Splendid Film

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EIN GESCHENK VON BOB

EIN GESCHENK VON BOB

Ein Film zum Schrottwichteln. „Ein Geschenk von Bob“ sollte ursprünglich im November letzten Jahres starten. Nach etlichen Verschiebungen ist er nun auf der Resterampe bei Amazon Prime gelandet.

Der erste Teil „Bob, der Streuner“ hat 2016 genug Kasse gemacht, nun folgt die überflüssige Fortsetzung. Die Geschichte basiert auf den Bestseller-Memoiren des britischen Straßenmusikers und Ex-Junkies James Bowen, dessen Kater Bob ihm half, einen Weg aus der Obdachlosigkeit und Abhängigkeit zu finden.

Weihnachten steht vor der Tür. James wurde wiedermal der Strom abgedreht, das Geld ist knapp. Dann droht auch noch der Tierschutz, Kater Bob einzukassieren. Da kann nur noch ein Wunder helfen.

“Ein Geschenk von Bob” braucht man so sehr, wie eine tote Maus im Lüftungsschacht und gehört zu der Sorte Film, bei der man sich unweigerlich fragt: Ist das ernst gemeint? Nein! Doch? Wirklich? Eine Ansammlung von banalen Begebenheiten, Kalendersprüchen, Plattitüden und Lebensweisheiten, mühsam in eine Handlung gefasst. Weder Geschichte noch Darsteller oder Inszenierung können überzeugen. Regisseur Smith glänzt erneut mit Talentlosigkeit. Schon sein letztes Machwerk „Die unglaublichen Abenteuer von Bella“ war ein echter Stinker.

Einzig Titelheld Bob, der sich wie bereits im ersten Teil selbst spielt, macht seine Sache gut. Es ist ein unwürdiges Vermächtnis: Nach den Dreharbeiten verstarb der Kater im Alter von 14 Jahren. Miau.

FAZIT

Lieber noch mal die zehn süßesten Katzenvideos auf youtube schauen.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel “A Christmas Gift from Bob”
GB 2020
92 min
Regie Charles Martin Smith
Verfügbar auf Amazon Prime

alle Bilder © Leonine

HOPE

HOPE

„Håp“, so der Originaltitel, startet mit knapp zwei Jahren Verspätung in den deutschen Kinos. Die norwegisch-schwedische Produktion gewann mehrere Preise, war unter anderem für den Oscar nominiert.

Anja und Tomas leben in einer Patchwork-Familie: drei gemeinsame Kinder, drei Kinder aus Tomas erster Ehe. Die Beziehung zwischen der jüngeren Choreografin und dem Theaterregisseur wird auf eine harte Probe gestellt, als bei Anja kurz vor Weihnachten ein lebensgefährlicher Hirntumor festgestellt wird.

Genau so fühlt es sich an, wenn plötzlich die katastrophalen Nachrichten niederprasseln und alles aus den Fugen gerät. In den ohnehin unwirklich erscheinenden Tagen „zwischen den Jahren“ begleitet der Film die Familie nach einem Todesurteil aus dem Nichts. Anja geht durch ein Wechselbad der Gefühle, lang gemiedene Aussprachen werden geführt, unterdrückte Gefühle gelangen an die Oberfläche.

Mit „Hope“ kommt ein berührender Film für Erwachsene in die Kinos. Harte Kost, und das ausgerechnet im zweitschlimmsten Monat des Jahres (the winner is January). Maria Sødahl erzählt die Geschichte ihrer eigenen Krankheit ohne jeden Schnickschnack, mit leisem Humor und großer Ehrlichkeit. Neben der souveränen Regie beeindrucken vor allem die beiden Hauptdarsteller Andrea Bræin Hovig und Stellan Skarsgård. „Hope“ lässt das Ende offen und bleibt – der Titel deutet es an – hoffnungsvoll. Grandios.

INFOS ZUM FILM

Originaltitel „Håp“
Norwegen / Schweden 2019
125 min
Regie Maria Sødahl
Kinostart 25. November 2021

alle Bilder © Arsenal Filmverleih

Der Nussknacker und die vier Reiche

⭐️⭐️

Disneys Interpretation von E.T.A. Hoffmanns Kurzgeschichte und Peter Tschaikowskys Ballett.

Zum Kinobesuch bitte reichlich Insulin einpacken. So süß, quietschbunt und politisch korrekt kommt der neue Disneyfilm daher, dass man sich gar nicht traut, irgendetwas Schlechtes über dieses Kitschfest zu sagen.
Getreu Liberaces Motto: „Zuviel des Guten ist wundervoll“, platzt Der Nussknacker und die vier Reiche  schier vor Ideenreichtum. Die Fantasiewelten und ihre eigenwilligen Bewohner wurden mit einer ausufernden Liebe zum Detail in Szene gesetzt. Besonders die immer wieder auftauchenden Uhrwerke, Spieldosen und andere mechanische Spielereien bieten hohen Unterhaltungswert. Gleich zu Beginn wird das in einer sehr hübschen Sequenz mit der wahrscheinlich kompliziertesten Mausefalle aller Zeiten gezeigt.
Ein aufgedrehter, opulent erzählter Familienfilm mit prominenter Besetzung: unter anderem erleiden Keira Knightley, Mackenzie Foy, Helen Mirren und Morgan Freeman einen Zuckerschock.

FAZIT

Wer sich für stark geschminkte Frauen (und Männer) in sehr, sehr bunten Kostümen begeistern kann und die Vorweihnachtszeit am liebsten auf 362 Tage im Jahr ausdehnen würde, dem sind 100 Minuten süßeste Unterhaltung garantiert.

USA, 2018
Regie Lasse Hallström, Joe Johnston
100 min
Kinostart 01. November 2018